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Hauptmann Sauptmann
dem von schöner äußerer Erscheinung, von
Geist, Kenntnissen und Kunstsinn; in den
Tagen seines Reichthumes unterhielt er ein
ausgezeichnetes Haustheater im Trattner-
hofe. Seine Gutmüthigkeit aber, indem
er für Andere, und zwar für große Sum»
men gut stand, brachte ihn an den Bettel-
stab. Um Tausende betrogen, verlor er
sein ganzes Vermögen und befand sich seit
1. December 1847 im Armen-Versor«
gungshause zu Mbs, wo er, 93 Jahre
alt, an Altersschwäche starb. Noch mehr
bekannt wurde sein Name, nachdem er
4810 die berühmte Sängerin Pauline
Anna Milder, später unter dem Namen
Miloer-Hauptmann viel gerühmt,
geheirathet. Pauline Anna war die
Tochter eines österreichischen Cabinets-
couriers, die früh ihren Vater verloren
hatte, und da sie vermögenlos war,
als Kammerjungfer in Dienste einer
Grafin trat, in welchen sie bis 1803 ver>
blieb. Schikaneder, der sie zufällig
einmal singen hörte, beredete
sie, GesanZ-
unterricht zu nehmen. Sigismund Neu-
komm, Haydn's Schüler, ertheilte ihr
denselben zwei Jahre unentgeltlich, später
war Sal ier i ihr Lehrer, durch dessen
Vermittelung sie, da sie zuerst auf Schi-
kaneder's Bühne auf dem Theater an
der Wien als Juno in Süßmayer's
„Spiegel von Arkadien" aufgetreten war
und sehr gefallen hatte, 4807 am Hof»
theater nächst dem Kärnthnerthore enga-
girt wurde. Sie war bald die gefeierte
Sängerin des Tages, die ersten Compo»
nisten suchten für ihre Stimme zu arbei-
ten; fo schrieb Weigl die „Schweizer'
familie", Beethoven die „Leonore",
Bernhard Klein die„Dido", Cheru-
bini seine „Faniska" vorzüglich mit Be«
rücksichtigung ihres Talentes. Seit sie
sang, konnten die lange ruhenden Gluck'-
schen Opern, unter denen sie vornehmlich alsAlceste in der „Iphigenia auf Tau-
ris" glänzte, wieder auf das Repertoire
gebracht werden. 1809 sang sie vor Na-
poleon in Schönbrunn, der ihr Engage»
mentsanträge für die Pariser Oper und
die Ernennung zur Kammersängerin an«
bieten ließ, Anträge, welche sie damals,
durch Familienverhältnisse an Wien ge-
fesselt, ablehnte. 1840 vermalte sie sich
mit Hauptmann, führte seitdem den
Doppelnamen Milder« Hauptmann,
legte aber nach getrennter Ehe den zwei-
ten wieder ab. 1842 sang sie zum ersten
Male in Berlin. Bleibend siedelte
sie aber
erst 4816 dahin über, wo sie bis 1829
so zu sagen die Seele der classischen
Oper an der königlichen Bühne war, bis
sie dieselbe nach 13jähriger Thätigkeit in
Folge eines Zerwürfnisses mit Spon-
t in i , der aber eben ihr die glänzenden
Erfolge seiner Opern verdankt, verließ.
Nun sang sie in Petersburg, dann in
Stockholm und Kopenhagen und in meh»
reren Städten des nördlichen Deutsch-
lands, jedoch nur in Concerten. In
Wien, wo sie die ersten Lorbern geerntet,
nahm sie 1836 in einem Concerte Abschied
von der Oeffentlichkeit und zog sich in's
Privatleben nach Berlin zurück. Daselbst
war ihr Tod, der schon zwei Jahre später,
als sie 83 Jahre alt war, erfolgte, noch
ein öffentliches Ereigniß, so sehr hatte daS
Andenken ihres künstlerischen Glanzes im
Publikum fortgelebt, freilich in einer poli-
tisch kaum bewegten Zeit, in der nie
wiederkehrenden goldenen Aera der Schau-
spielkunst. Der Kreis der Rollen, in wel<
chem sie sich bewegte, war etwa: Alceste,
Armide, Iphigenia, Antigonein
Sacchini's „Oedip", dieOberpriesterin
in Spontini 's „Vestalin", Statyra
in „Olympias Lodoisca, Dido in
B< Klein's gleichnamiger Oper, Fide»
l io, Emmeline, Elvire in „Don
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Band 8
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Hartmann-Heyser
- Band
- 8
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1862
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon