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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Hartmann-Heyser, Band 8
Seite - 139 -
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Seite - 139 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Hartmann-Heyser, Band 8

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Seyd« Zosefh 139 senheit. Erst jetzt, wo die historisch'musikali. schen Studien wieder zu hohen Ehren kommen, dämmert es allmählig wieder wie eine neue Wahrheit im allgemeineren Bewußtsein der künstlerischen Welt: daß H. bisher nur höchst lückenhaft gekannt und gewürdigt worden; daß er in seinem langen Leben dreierlei schr unterschiedenen Ausdruck gehabt habe, in seinem wirklichen Gesicht sowohl, wie im Ge- sicht seiner Tondichtungen, daß er nur im Greisenaltcr einigermaßen wie ein D-octor der Tonkunst dreingeschen, daß es noch einen ganz anderen H. gebe, als den H. der „Schö- pfung", der Londoner Symphonien und der späteren größeren Streichquartette"... S. 32l: „Zu allen Zeiten« hat H. mit den Sprüngen seines Humors das oberflächliche Urtheil ge< foppt und verwirrt. Eden jene übermüthigen Spiele des Witzes und der Laune waren es, die den Kaiser Joseph, einen eifrigen Musik- freund, verführten, seinen berühmten H. doch mehr nur als einen guten musikalischen Spaß- macher zu schätzen, während gründlichere Ken- ner gleichzeitig den anmuihuollen Nosetti warnten vor der Nachahmung H.'schen Ernstes und Ticfsinnes, den er doch nicht erreichen könne! Und in den Tagen des tändelnden Rossinismus geschah es gar, daß man aus den« selben Sätzen, aus welchen die Leute mit Zopf und Haarbeutel vordem H. den Spaßmacher herausgehört, nun H., den Doctor. zusam- menbuchstabirte. Seine liebenswürdige, selig- vergnügt dahinschwcbende Clavk'rphantasic (Oäur, 0i). 68) wurde vor etwa 4U Jahren als Ouvertüre einer mit H.'scher Musik aus« staffirtrn komischen Operette vorgesetzt und erschien damals, vermuthlich wegen ihrer graziösen contrapunktischcn Nachahmungen und der keck originellen Modulationen, den mit italienischem Gegaukel verwöhnten Ohren viel zu ernst, streng und gedankenschwer!" . . . . und S. 323: „Es gibt mancherlei Aussprüchc H.'s, in denen er die unmittelbare Eingebung dieses Genius als das A und O des schaffenden Künstlers hinstellt und dagegen den Regeln der Schule blutwenig Credit gibt. Diese Aussprüche zeigen uns eben den ohne Reflexion schassensbegeistertcn, den wahrhaft naiven Meister, der folgerecht ein sehr schlechter Doctor war. Man könnte sie als Vorwort just hinter den Titel seiner Sonaten drucken. Vorab jene schlagende Sentenz, wie man am sichersten also componirc, daß es auch „im Herzen sitzen bleibe." Der Tondichter ver- sichere sich vor allen Dingen einer klaren und Haydn Joseph entschiedenen Stimmung; hält er diese fest, dann zeugt es auch die folgerechte und kunst. gemäße Ausführung und das U^brige macht sich von selber. Für's Handwerk des Satzes galt ihm dann die Diktatur des Genius, der sich seine eigenen Gesetze macht. „Hat Mozart es geschrieben, so hat er seine gute Ursache dazu" — so belehrte H. kurzweg jene Kritiker, die sein Urtheil über die unharmonischen Quer< stände in der viel befehdeten Einleitung zu des großen Freundes O-Quartctt wissen wollten, und gegen Albrechts bergcr, der gar Quar« tenfolgen aus dem reinsten Satze zu verbannen gedachte, sprach er das schlagende Wort: „die Kunst ist frei und soll durch knne Handwerks» fcssel beschränkt werden, das gebildete Ohr muß entscheiden und ich halte mich befugt wn- irgend einer, hierin Gcsetze zu geben. Solche Künste» leien haben keinen Werth; ich wünschte lieber, daß es einer versuchte, einen wahrhaft neuen Menuett zu componircn." Nicht zu allgemeinen Grundsätzen soll man solche Worte stempeln; denn ein Maß, welches einem Haydn recht, ist eben auch nur einem Mozart billig. Aber zur Charakteristik unsers Meisters soll man die oft gehörten Sprüche immer wiederholen. Wir kön< nen und dürfen so naiv nicht mehr componiren; und gerade darum wollen wir H.'s schlichte Claviersonaten recht fest halten, weil sie keiner mehr nachmachen kann." — Gaßner charab terisirt H. folgendermaßen.» „H ay d n war ein durchaus frommer, katholischer Christ, aber in der ländlich unschuldigen Weise seines Landes. Ihm war wie seinem Lande herbe Ascetik oder streitsüchtiges Festhalten ebenso ferne, wie die kühl-prächtige Salbung des römischen und venetianischen Gottesdienstes. Er war, wie er öfters bekannte, nie freuden- und jubeluoller, als wenn er an Gott dachte, der alles so schön und wohl gemacht. Mit der ganzen tausend- lebigen, froher Pulse vollen Natur jubelte und lobte er und betete innig, aber zutrauens« und anniuthüvoll wie ein Kind. Mit diesem Sinne, und auf diesem geistigen Standpuncte konnte nun Haydn mit seinen Opern nicht in der Zeit Gluck's und Mozart's Stand halten. Scenischer Verstand, scharfe Charakteristik, schnelle starke Entscheidung, die Selbstentauße- rung und der Eifer, die dem Dramatiker unent- behrlich sind, waren scincin ländlich-friedlichen Sinne fremd. Seine Opern (so viel wir davon kennen) enthalten Musik genug, aber wenig Drama. Allein eben dieser Sinn im Vereine mit der mühseligen F ux'schen und der ganz nach Außen gekehrten Musikantenschule und
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Hartmann-Heyser, Band 8
Titel
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Untertitel
Hartmann-Heyser
Band
8
Autor
Constant von Wurzbach
Verlag
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Ort
Wien
Datum
1862
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.41 x 21.45 cm
Seiten
514
Schlagwörter
Biographien, Lebensskizzen
Kategorien
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