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Saydtt Michael 143 Haydn Michael
nicht mehr fungiren konnte, das Capell» >
haus von St. Stephan verließ, that er
es mit wortreichen Versprechungen Reu-
ter's, für sein weiteres Fortkommen be«
sorgt sein zu wollen. Reuter kam aber
über die Worte nie hinaus, und um
dieses gewissenlose Verhalten des Meisters
gehörig zu würdigen, sei bemerkt, daß das
Capitel zu St. Stephan für den Unterhalt
und Unterricht eines jeden Chorknaben
dem Capellmeister jährlich 700 st. bezahlte
und dieser für 6 Chorknaben die ansehn-
liche Summe von 4200 fl. jährlich.bezog
svergl. Dies, Biograph. Nachrichten von
Joseph Haydn, S. 22^, eine Summe,
die ihm doch wohl die Verpflichtung auf-
erlegte, für die weitere Unterkunft der
Knaben, zu deren Ausbildung er eigent-
lich nichts, aber Alles die eigenen Talente
thaten, wenigstens für die erste Unter-
bringung nach ihrem Austritte aus dem
Capellhause besorgt zu sein. Als M i
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austrat, war er sich selbst überlassen und
lebte vom Unterrichtertheilen, bis er, erst
20 Jahre alt, eine Stelle als Capellmeister
des Bischofs in Großwardein erhielt,
wo ein kleiner Gehalt kaum für seine
bescheidenen Lebensbedürfnisse ausreichte,
hingegen seine Kompositionen sich bald
großen Beifalles erfreuten. Fünf Jahre
wirkte er auf diesem Posten, als er 1?62
einem Rufe nach Salzburg als erzbischöf»
licher Orchesterdirector folgte. I n dieser
Stellung hatte er 300 st. Gehalt und
freien Tisch; später erhielt er vom Staate
den Titel Concertmeister und Domorga»
nist und 400 st. Gehalt, welcher bei dem
Regierungsantritte des Churfürsten und
Erzherzogs Ferdinand von Oesterreich
auf 600 fl. erhöht wurde. Mit dieser
Summe hatte H. den Culminationspunct
in seiner pecuniären Stellung erreicht,
und in seiner Liebe zu dem ihm eine zweite
Heimat gewordenen Salzburg lehnte er alle Anerbieten ab, die seine Stellung
verbessert hätten. So hatte sein Bruder
I oseph in allem Ernste die Absicht, ihm
die Capellmeisterstelle bei dem Fürsten
Eßterhäzy zu verschaffen; Michael
schlug ste aus, und ohne die Emolumente
hatte der Gehalt allein mehr als das
Doppelte dessen, was er'in Salzburg
bezog, ausgemacht. Ebenso vereitelte er
die Bestrebungen seiner Wiener Freunde,
welche, als Michael im Jahre 1801
sich nach Wien begab, um der Kaiserin
die von ihr bestellte Messe persönlich
zu überreichen und bei der Aufführung
zu dirigiren, die Absicht hatten, alljährlich
eine Summe zusammenzuschießen, um ihn
in Wien zu behalten. Der Gedanke an
eine Trennung von Salzburg erfüllte ihn
stets mit Wehmuth, insbesondere knüpfte
ihn ein inniges Freundschaftsband an
den Pfarrer von Armsdorf, Werigand
Netten stein er, der aber später (Nov.
1303) nach Seewalchen in Oberösterreich,
zu Michael's tiefem Leidwesen, versetzt
wurde. Immerhin aber ist es nicht ganz
erklärt, wie es kam, daß Michael, dessen
Ruhm sich außen täglich mehrte, dessen
Name in fernen Landen gefeiert wurde, im
Heimatlande so wenig berücksichtigt wurde,
daß nichts für die Verbesserung seiner Lage
geschah. Jedoch er selbst war zufrieden
und gefiel sich
in seinen beschränkten Ver»
hältniffen, die mitunter selbst drückend
wurden. So z.B. erhielt er einmal Befehl,
Duetten für Violine und Alt zu schreiben.
Krankheit hinderte ihn, den Auftrag aus»
zuführen; da ward er mit Einziehung
seiner Besoldung bedroht; Mozart,
der ihn taglich besuchte, vollendete die
verlangten Duetten in wenigen Tagen
und reichte sie unter M. Haydn's
Namen ein; wahrhaft ein Zug eines
Mozart um einen Haydn würdig.
Sein kleines Einkommen vermehrte H.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Band 8
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Hartmann-Heyser
- Band
- 8
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1862
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon