Seite - 228 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Hartmann-Heyser, Band 8
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Heinrich 228 Heinrich
Mittel zusammengebracht, um die Reise
in seine Heimat antreten zu können. Er
unternahm die Fahrt und kam 1836 in
Böhmen an; mittlerweile war aber seine
Tochter, die ihn noch in Amerika wähnte,
dahin abgereist. Ihr unmittelbar zu
folgen, war H. außer Stande. Verschie-
dene Versuche, seine Compositionen im
Vaterlande zur Aufführung zu bringen,
scheiterten; Kummer und Verdruß über
sein Mißgeschick warfen ihn in Wien
auf's Krankenlager und barmherzige
Brüder übten an ihm die Werke der
Barmherzigkeit. Genesen, begab sich H.
nach Grcch, wo er einige Zeit bei einem
Jugendfreunde, Ferdinand Rößler, gast'
liche Aufnahme fand, den er aber aus
Sehnsucht nach seiner in Amerika leben«
den Tochter wieder verließ. Zuvor war es
ihm noch gelungen, durch Vermittlung
Rößler's, Mandel 's und Hütten»
brenner's seine Kompositionen in Gratz
im großen Rittersaale zur Aufführung
zu bringen. Im Februar 1837 trat er
von Trieft seine dritte Reise nach Nord»
amerika an, welches er auch glücklich
erreichte. Er fand in New.Uork bald seine
Tochter, welche während dieser Tren»
nung die glückliche Gattin eines Straß»
burgers, des Med. Doctors Scherdlin
in New'Iork, geworden war. I n H.,
dem Greise, der mittterweile durch seine
Kunst von Neuem zu Vermögen gekom-
men, erwachte noch einmal die Lust und
Sehnsucht, die Heimat zu begrüßen' im
Jahre 1837-traf H. in Prag ein und die
Prager Blätter berichteten damals öfter
über den durch seine Schicksale und
seine Compositionen berühmt gewordenen
Heinrich. Nachdem H. sich einige Zeit
in Prag aufgehalten, begab er sich nach
Wien, wo über sein am 3. Mai d. I .
im Sophiensaale gegebenes Monstre-
Concert die Blätter jener Tage aus- führlich berichteten; kehrte dann nach
Nordamerika wieder zurück, von wo
Anfangs Juni d. I . die Nachricht von
seinem Ableben nach Europa gelangt
war. Als H., 82 Jahre alt. starb, galt
er für den Nestor der Compositeurs in
Europa. Heinrich, in den vereinigten
Staaten seines biederen gemüthlichen
Charakters wegen unter dem Namen
„Vater Heinrich" allgemein gekannt,
geliebt und geachtet, spielt als Compo.
nist eine eigenthümliche Rolle. Der nord-
amerikanische Charakter des Gigantischen
und Grotesken — um das zu harte Wort
Charlatanerie zu vermeiden — spricht
aus dem Geiste, wie schon aus den Titeln
seiner Compositionen. Ein gedrucktes Ver-
zeichniß seiner größeren Werke zählt deren
73 auf, die vielen Hunderte von Liedern
und Klavierstücken nicht gerechnet. Die
Titel seiner Tongemälde — leider konnte
der Herausgeber nur die wenigsten ersah»
ren — sind: „Nie Mythen der NMniää";
— „Das amerikanische Wandertanbenhecr", ein
Tongemälde; — „^no?- ^a^ms", eine
Cantate; — „Ner Gondar", ein Ora>
torium; — „Nie N5ü5hingtlllttllde" ; — „I,a
msnac/s c?26 H'a^s", eine Tarantelle;
— „Plignnini'Z Inrantatluii", für das Piano»
forte; — „^«s^'l'n") ein Vocal-Anthem,
u. m. A. H. hat auch Ouvertüren und
Symphonien, unter letzteren eine für
34 Stimmen geseht. Gaßner bemerkt
über ihn: „Daß er für ein volles, oft
übervolles Orchester ganz eigenthümlich
sei, namentlich im Rythmischm. und daß
'eine schriftliche Sprachdarstellung im
Englischen und Deutschen etwas Geniales
an sich habe". Welch' eines glänzenden
Rufes Heinrich in Nordamerika sich
erfreute, dafür spricht unter anderen
Umständen — abgesehen von seinem Rie-
enalbum im Nrwaldformate, 43 Pfunde
Gewicht, den vielen llrtheilen in ameri-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Band 8
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Hartmann-Heyser
- Band
- 8
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1862
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon