Seite - 243 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Hartmann-Heyser, Band 8
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243 Held
lings zu Statten und er begab
sich 1783
nach Polen, wo er bei einem ihm ver-
wandten Landsmanne gastliche Aufnahme
fand. Seine Sprach- und Musiktalente
halfen ihm weiter; er begab sich nun
nach St. Petersburg. Bei dem bald
darauf erfolgten Ausbruche des Türken»
krieges trat er in das Fürst Potem-
kin'sche Regiment, marschirte mit dem-
selben in die Krim, focht bei dem
Sturme auf Oczakow und wurde Ober-
lieutenant. Nach Potemkin's Tode
nahm er Dienste in der kön. polnischen
Armee, wurde in wenigen Jahren Major,
erhielt den Adel und dann den Kammer«
Herrnschlüssel. Als aber Polen ein selbst»
ständiger Staat zu sein aufgehört, trübte,
sich auch sein Glücksstern', von den
Russen in einem der unglücklichen Kämpft,
welche Polen focht, gefangen, verlor er
sein Hab und Gut und blieb so lange in
Haft, bis Kaiser Paul bei seiner Thron-
besteigung den gefangenen Polen die
Freiheit gab. Nun ohne Amt. ohne
Vermögen, aller Mittel des Lebensunter-
haltes beraubt, griff er zur Kunst, die er
in seiner Jugend so eifrig getrieben. Die
englische Guitarre, das Piano spielte er
vorzüglich, das Glück war ihm günstig,
er kam nach Moskau uud ward dort
bald ein sehr gesuchter Musiklehrer in
den vornehmsten Häusern. Nun warf er
sich auch auf die Komposition, fand Ver-
leger, welche ihm seine Arbeiten gerne
abnahmen und gut honorirten. Als er
sich mittlerweile um ein bleibendes Amt
bewarb, erhielt er durch Fürsprache deS
Großfürsten Constantin eine Hafen«
Inspectorsstelle zu Pernau, wurde aber
1808 nach St. Petersburg übersetzt, dann
zum kais. russischen Rath ernannt, als
welcher er zuBkesc-Lirewski, erst 30Jahre
alt, starb. Als Compositeur hat sich H.
in Rußland einen Namen gemacht; seine Compositionen, vornehmlich Sonaten für
das Pianoforte, Chöre, Märsche, Polo-
naisen , Variationen und Salonstücke,
verrathen Grazie und namentlich wird
seinen Polonaisen nachgerühmt, daß in
ihnen der nationale Charakter, den dieses
Tonstück, soll es wirksam sein, nicht ent»
behren darf, treu wiedergegeben ist.
Dlabacz (Gottfried Ioh.). Allgem. histor.
Künstlcr-Lerikon für Böhmen und zum Theil
auch für Mährm und Schlesien (Prag 1815,
Haaft, kl. 40.) Bd. I, Sp. 599.
Held, Johann Theobald (Arzt,
Musikus und Humanist, geb. zu
Hohenbruck 11. December 1770, gest.
zu Prag 20. Juni 1831). Bruder des
Vorigen; erhielt gleich demselben in der
Schule seines Geburtsortes Unterricht
im Gesänge und im Spiele von Instru-
menten, wofür er mit ihm die Begabung
theilte. Nach dem Tode seines Vaters
(1780) nahmen sich gute Menschen des
Knaben an und H. wurde Sing«Chor°
knabe an der Altstädter Pfarrkirche Maria
in der Wiege in Prag, zugleich besuchte
er das Gymnasium, wo ihm sein guter
Fortgang bald ein Stipendium verschaffte,
dessen Genuß ihm bis zur Beendung
seiner Studien v^blieb. Bis in sein
19. Jahr (1789) versah H. den Chor»
dienst als Sopranist; als nun seine
Stimme mutirte, verlegte er sich eifrigst
auf das Spiel der Violine uud Altviole.
Die philosophischen Studien hörte er unter
Lehrern wie Cornova ^Bd. I I I , S. 8^,
Gerstner j M . V, S. 161^, Meißner,
Seibt u. A.. Männer, welche nicht
bloß ihre Gegenstände vortrugen, son-
dern die empfänglichen Gemüther ihrer
Zöglinge auch zu bilden und anzuregen
verstanden. Nun widmete sich H. dem
Studium der Arzneiwiffenschaft und
erlangte 179? die medizinische Doctor«
würde. Eingedenk der letzten Worte
16*
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Band 8
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Hartmann-Heyser
- Band
- 8
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1862
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon