Seite - 273 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Hartmann-Heyser, Band 8
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Zoller 273 Hollcr
Gesellen der Fremdenlegion aufzunehmen.
Ohne Geld in der Tasche, 120 Meilen
von der Heimat entfernt, wäre H. in nicht
geringe Verlegenheit gerathen, wenn ihn
nicht eine elsassisch-deutsche Familie bei sich
aufgenommen hätte. Schon begann er
sich in Frankreich behaglich zu fühlen,
als die goldenen Verse Schiller's in
seinen Gedichten H.'s Sehnsucht nach
der Heimat wach riefen. Er hatte näm-
lich unter allerlei alten Geräthschaften
seines Wirthes, eines Feilschmides. ein
von Motten stark angefressenes Buch,
Schiller's „Gedichte", gefunden. Das
Buch hatte ein Officier der deutschen
Invasionsarmee von 1814, welcher in
diesem Hause einquartirt und daselbst
dem Typhus erlegen war, zurückgelassen.
Dieser wiedererweckten Sehnsucht nach
dem deutschen Vaterlande nachgebend,
beschloß H. in dasselbe zurückzukehren.
Es war ein Rückmarsch, reich an kleinen
Ergebnilsen, den Heller von Nancy
nach seiuer Heimat antrat. Im Väter«
lichen Hause lebte er nun einige Zeit
zurückgezogen, sich selbst bildend. In
dem Dränge, der ihn in die weite Welt
hinaus getrieben, erkannte er bald das
tiefinnere Streben nach poetischer Gestal»
tung. nur hatte er es darin vergriffen,
daß er sicd selbst zum Helden gemacht,
anstatt eine Welt und deren Helden aus
seiner Phantasie hervorgehen zu lassen.
Sein erster poetischer Versuck, die Novelle
„Nrr erste April", womit das in Prag
neugeschaffene belletristische Journal „Ost
und West", wekches unter der Aegide des
Oberstburggrafen Chotek crscbien, seine
erste Nummer eröffnete, gefiel. Es folgten
nun in demselben Blatte eine Reihe von
Novellen und Skizzen, als die „Gü
llurch Arag", «Na2 Iiiüriibegr'äliniLZ", „Nnli-
bnr" u. A. aus Heller's Feder, die
in der literarischen Welt freundliche Auf» nähme fanden. Der Verfasser selbst lebte
zurückgezogen von der großen Gesellschaft,
blieb ein Jahr lang in seiner Geburtsstadt
und kam später in ein Dorfchen bei Iglau
als Erzieher einer wohlhabenden israe-
litischen Familie. Seine Anwesenheit in
Iungbunzlau blieb nicht ohne Einfluß
auf zwei junge Leute, Schüler des dor«
tigen Gymnasiums, die
sich später einen
literarischen Namen gemacht. Es waren
nämlich Moriz Hart mann und Leo-
pold Kompert, deren Geist er aus
der engen Welt eines Kleinstädter Gym-
nasiums zu großen und weiten Anschauun-
gen emporhob. Später in Wien gleichfalls
als Erzieher lebend, erhielt er im Jahre
1846 in Folge einer Novelle im Taschen-
buche „Libufsa" einen Ruf nach Pesth,
um dort das dem Herrn Klein gehörige
belletristische Blatt „Der Ungar" zu redi-
giren. Er leitete das Blatt ein Jahr
lang mit Erfolg, verließ aber Pesth im
Frühjahre 1847 in Folge einer unglück«
lichen romantischen Liebe; nachdem er
früher noch und zwar aus Rücksichten, die
er zu nehmen hatte, mit möglichster Ver-
meidung alles Aufsehens zur evangelischen
Kirche übergetreten war. Von Pesth
begab er sich nach Leipzig und schrieb
dort für Kühne's „Europa" Novel-
len und politische Artikel. Einer der
letzteren machte dadurch Aufsehen, daß
er den Untergang Ludwig Phil ipp's
vier Wochen vor der Revolution von
1848 voraussagte. Ende März 1848
begab er sich wieder nach Pesth, um die
Redaction des neuen politischen Blattes
„Die Morgenröthe" zu übernehmen. Aber
schon Ende Mai verließ er das Blatt
und Ungarn, wo er wegen seiner Artikel
gegen das Ministerium Kossuth nicht
länger bleiben konnte. I n diesen Artikeln
hatte er den Untergang der ungarischen
Politik vorausgesagt und zwar in Folge
v. Wurzb ach, biogr. Lenkon. VIII. ^M'dr. 23. Jänner
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Band 8
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Hartmann-Heyser
- Band
- 8
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1862
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon