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Herbert 334 Herbert
vom Jahre 1784 eingeräumt wurden,
zu welchen sich 1786 noch der die öster-
reichischen Schafhirten in der Moldau
betreffende großherrliche Ferman gesellte,
worin die Freiheiten, Begünstigungen
und Abgaben derselben genau festgesetzt
wurden und dessen Inhalt, spater dem
SiftowerFrieden (im Artikel 4) einverleibt,
noch heut als vertragsmäßige Richtschnur
gilt; endlich die Verhandlungen über
Abtretung eines Diftrictes an der Unna,
die aber durch mancherlei Zwischenfälle
gestört, zu keinem Resultate führten,
obgleich die Pforte die kaiserlichen
Ansprüche nicht als ungiltig, sondern
nur als schwer zu beweisen erklärte. Im
Jahre 1787 unternahm Herbert die
Reise nach Cherson, um der berühm-
ten Zusammenkunft Joseph's H. mit
Katharina beizuwohnen. Bald nach
seiner Rückkehr nach Constantinopel,
fand der Bruch der Pforte mit Rußland
Statt und der russische Gesandte wurde
von den Türken in die sieben Thürme
geworfen, in welchen er zwei Jahre
gefangen schmachtete. Als am 9. Februar
1788 auch Oesterreichs Kriegserklärung
gegen die Pforte erfolgte, war auch
Herbert nahe daran, das Loos des
russischen Gesandten zu theilen; aber
seine Energie, wie seine Kenntniß der
Geschichte des osmanischen Reiches ret-
teten ihn, da er der türkischen Regierung
nachwies, daß noch nie ein kaiserlicher
Minister in die sieben Thürme geworfen
worden und daß der kaiserliche Resident
Simon Reniger im Jahre 1663 noch
nach dem wirklichen Ausbruche des
Krieges dennoch frei und unverletzt nach
Wien zurückgekehrt sei. Herbert ver-
ließ unangefochten Constantinopel, segelte
nach Livorno, wo er am Hofe Leopold's
eine freundliche Aufnahme fand. Her-
bert war nämlich in Constantinopel nicht nur kaiserlicher, sondern auch tos»
canischer Minister gewesen. Im folgenden
Jahre begab er sich nach Wien, machte
im Winter d. I . einen Ausflug nach
Deutschland, wurde aber nach seiner
Rückkehr mit dem Grafen Thu gut als
bevollmächtigter Minister zu den Friedens-
unterhandlungen mit den Türken ernannt.
I n den Friedensunterhandlungen von
Sistow concentrirt
sich vornehmlich H er-
be rt's diplomatische Thätigkeit. Die Con»
ferenzen wurden am 30. December 1790
eröffnet und erst am 4. August 1791
fand unter dem Donner der Kanonen
die öffentliche Unterzeichnung des Frie-
dens Statt. Außer drei osmanischen
Ministern unterhandelten Lucch esini als
preußischer, Robert Keith als englischer
und Freiherr von Haften als hollän-
discher Bevollmächtigter. Preußen hatte
der Pforte in der kurz zuvor mit ihr
abgeschlossenen Allianz mehrere Vortheile
zugesichert, welche das Vertrauen der
türkischen Minister zu Lucch esini hin»
lenkten, dem auch Keith und Haften
die Hände boten. So stand Herbert
allein gegenüber den übrigen sechs unter»
handelnden Ministern. Keinen Schritt
wich Herbert von den ursprünglichen
Bedingungen, in deren Begründung
ihn seine umfassenden Kenntnisse der frü«
heren Tractate und seine diplomatische
Gewandtheit wesentlich unterstützten. Die
Vortheile, welche Herbert im Sistower
Frieden dem kaiserlichen Hofe erwirkt
hatte, sind: 1) die Einverleibung aller
den Handel mit Oesterreich betreffenden
Acten in den Tractat, wodurch für die
Zukunft jede Verletzung der Handels«
freiheiten als Verletzung des Friedens
erschien; 2) die Auslieferung der Gefan»
genen ohne Lösegeld; dieses beispiellose
Zugeständniß, welches weder der Karlo-
witzer, noch der Paffarowitzer Friede
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Band 8
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Hartmann-Heyser
- Band
- 8
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1862
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon