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Herrgott 363 Herrgott
Herrgott, Franz Jacob (Geschicht-
schreiber, geb. zu Freiburg im
Breisgau 9. October 1694, gest. zu
Krohingen 9. October 1762). Als
sein Taufname ist hie und da auch
Johann Jacob angegeben, jedoch
wird auf diese Verschiedenheit weiter kein
Gewicht gelegt, da er gewöhnlich nach
seinem Klosternamen Marquard be«
nannt wird. Seine ersten Studien machte
er zu Freiburg, später zu Straßburg, wo
er bereits mit 13 Jahren die gewöhnlichen
Studien beendet und eine Lehrerstelle
angenommen hatte. Mit-seinen Zöglingen
brachte er dann 2 Jahre in Paris zu.
Aus Neigung für gelehrte Studien schien
er in das seines wissenschaftlichen Wirkens
berühmte Stift St. Mafien im Schwarz-
walde eingetreten zu sein. in welchem er
l7l3 Profeß ablegte. Noch als Novize
hatte er die Aufmerksamkeit des Abtes
Blasius auf sich gezogen, der ihn
vorerst in das deutsche Collegium zu
St. Apollonaris nach Rom schickte, wo er
am 17. December 17l8 die heiligen
Weihen erhielt. Nach seiner Rückkehr
entsendete ihn aber der Abt zur weiteren
Ausbildung nach Paris in die gelehrte
Anstalt der Benedictiner zu St. Ger«
main, wo eind'Achery und Mabi l lon
ruhmvoll wirkten. Mit der Neberzeugung
von der Nothwendigkeit ausdauernden
Quellenstudiums für die Geschichte, mit
dem Triebe zu unbefangener und rastloser
Forschung und mit jener Gewandtheit im
Umgänge mit Menschen, worin der
Franzose eher als mit anderen Nichtig»
keiten dem Deutschen als Vorbild dienen
sollte, mit diesen drei für seine Zukunft
entscheidenden Gastgeschenken ausgestat»
tet, kehrte H. aus der Congregation des
h. Maurus nach St. Blasien zurück.
Dasselbe Wohlwollen, welches Abt Bla»
fius für H. hegte, übertrug der neue Abt Franz I I . auf ihn, ernannte ihn zu
seinem Hofcaplan, spater zum Bibliothekar
und Großkellermeister, wodurch er zu
den Würdenträgern des Stiftes und als
Hofcaplan zu dessen diplomatischem Per»
sonale zählte, da er als letzterer immer
um die Person des Fürstabtes weilte. Im
Jahre 1728 wurde ihm die selbststandige
diplomatische Mission übertragen, die
breisgauischen Stände am kaiserlichen
Hofe in Wien zu vertreten. Durch
20 Jahre, bis 1748. versah er seinen
Posten, bis die Stande, die er vertrat,
über die Angelegenheit der Steueraus'
gleichung zerfielen, und Herrgott, wel-
cher die Interessen der Klöster zu warm
vertrat, in Ungnade bei der kaiserlichen
Regierung siel, welche sofort seine Zurück»
berufung betrieb. Aber noch früher,
1736. hatte ihm der Kaiser den Titel eines
wirklichen Rathes und Hofhistoriographen
und einen reichlichen Gehalt verliehen, an
deffen Stelle spater die Pension von
4000
st. trat. Nach seiner Abberufung vom
Wiener Posten hatte er von seinem Abte
die Vergünstigung erhalten, Zeitlebens
die Statthalterei im Breisgau und die
Propstei in Krotzingen bekleiden zu
dürfen. Indem er sich das Propstei«
gebäude nach seinem Geschmacke als
Tusculum für sich, als gastliches Haus
für Freunde und Bekannte eingerichtet
und ausgeschmückt, lebte er daselbst von
1730 bis an'seinen 12 Jahre spater
erfolgten Tod, die Zeit zwischen Oeko«
nomie, Bienenzucht, Maulbeerpflanzungen
und historischen Forschungen theilend.
Diese letzteren eben sind es, die seinem
Namen das gebührende Andenken sichern
und ihn in die Reihe HabSburgischer
Geschichtschreiber stellen, unter denen er
durch die nüchterne, besonnene und frei«
müthige Weise seiner Forschungen eine
große Rolle spielt. Von einzelnen Zeit.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hartmann-Heyser, Band 8
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Hartmann-Heyser
- Band
- 8
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1862
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon