Seite - 138 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Hibler-Hysel, Band 9
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Softr 138 Hofer
einigung des VolkswillenS, der in seiner
Einheit sich nie großartiger herausgestellt
hat, wie eben damals. Am 43. August
wurde der sieggekrönte Herzog von
Danzig, der mit 23.000 Mann geübter
Krieger und 40 Feuerschlünden den
Tirolern entgegenstand, im Angesichte
der Hauptstadt vollständig überwunden,
am 14. floh er mit Schande bedeckt aus
dem Lande und am 13. August feierte
Tirol seine neue glorreichste Befreiung.
An diesem Tage zog Hofer unter rauschen«
dem Volksjubel in Innsbruck ein, begrüßt
von der freudetrunkenen Menge als
Retter Tirols, als Vater des Vaterlandes.
Dort übernahm er auf zudringliches Bit«
ten der Schützencommandanten. der
Beamten der Stadt und vorzüglich auf
den Wunsch des Clerus die Leitung der
verwaisten Verwaltung des Landes.
Hofer übernahm sie. aber ausdrücklich
nur „im Namen Seiner Majestät des
Kaisers und nicht anderS" und bezog,
auf Anrathen seiner Freunde, wiewohl
ungern die landesfürstliche Burg. Die
erste Verfügung Hofer's in seiner neuen
Stellung war die provisorische Bestäti-
gung der bestandenen Behörden und
Aemter. Bald darauf schuf er unter dem
Titel: „Provisorische General'LandeSver-
waltung", eine oberste Stelle des Landes
für jene politischen und Cameralgegen»
stände, welche sonst zum Wirkungskreise
der Hofbehörden gehörten. Dieses Col»
legium bestand aus vier Räthen und
einem Präsidenten. Den Sitzungen des»
selben zog er noch sechs Volksrepräsen'
tanten bei — zwei von jedem Kreise -
mit entscheidender Stimme. Uebrigens
war die Lage Hofer's eine im höchsten
Grade unerquickliche, die öffentlichen
Caffen waren leer, die ordentlichen Hilfs-
quellen erschöpft, die meisten Landes-
gegenden vom Kriege ausgesogen und verwüstet, die Wege nach Oesterreich
gesperrt und die Grenzen vom Feinde
umrungen und doch mußten die außer-
ordentlich großen Forderungen der Ver-
waltung und der Vertheidigung des
Landes schnell befriedigt werden. Aber
der schlichte Landmann half sich und dem
Lande so gut er konnte; gerecht, väterlich,
milde wie er war, hielt er auf Zucht,
Sitte und Religiosität. Wenn mehrere
der von ihm unmittelbar ausgegangenen
Befehle und Entscheidungen auch in
ihm den Staatsmann — wie hätte es
denn dieser Sohn der Natur auch sein
sollen — nicht erkennen lassen, so geben
sie doch Zeugniß von seiner Ordnungs«
liebe, seinem Rechtssinne und seinem
edlen Herzen. Dabei schämte er sich
nicht, wenn er eine bessere Erkenntniß
der Sache gewonnen hatte, sein Unrecht
einzugestehen und eine erlassene Ver-
fügung zurückzunehmen. Es war ein
Glück für das verlassene, hartbedrangte
Land, daß in so gefahrvollem Zeitpuncte
ein solcher Mann die Zügel des Regi«
ments führte. I n seinem äußern Wesen
selbst ging keine Veränderung vor
sich, er
trug seine gewöhnliche Passeirer Tracht
und einen einfachen Officiersdegen, an
dessen Stelle spater der schöne Säbel
trat, den ihm Feldmarschall «Lieutenant
Chasteller >M. I I , S. 331^ geschenkt
hatte. Er lebte nach alter Sitte wie als
Sandwirth einfach und genügsam. Seme
Verpflegung — die aus dem nächsten
Gasthofe besorgt wurde — kostete täglich
43 Kreuzer, die er selbst aus der Landes«
casse nahm. Sonst forderte und nahm er
für
sich nichts. Wenn einer oder der andere
aus seiner Umgebung nicht sein Beispiel
nachahmte, so trifft ihn dafür keine
Schuld. Taglich besuchte er die mit der
Burg in Verbindung
stehende Pfarrkirche,
wo er vor dem dortigen Bilde Mariens,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hibler-Hysel, Band 9
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Hibler-Hysel
- Band
- 9
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1863
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 518
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon