Seite - 236 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Hibler-Hysel, Band 9
Bild der Seite - 236 -
Text der Seite - 236 -
Holtei 234 Holtet
am Spielen war bald dahin, er verließ
Breslau, um als Declamator aufzutreten,
und in Begleitung eines Freundes, der
eine schöne Stimme besaß und hübsche
Lieder zur Guitarre sang, unternahm er
eine Kunstreise. Auf dieser gelangten sie
nach Dresden, wo Ludwig Tieck H.
wohlwollend aufnahm und ihn von der
Fortsetzung eines so zwecklosen Herum«
wanderns, wie es H. im Sinne hatte, ab»
brachte. H. fand nun Unterkunft bei der
Dresdener Hofbühne, wo es aber auch
nicht recht vorwärts wollte. Er gab also
seine Stellung auf und kehrte nach
mannigfachen Hin- und Herfahrten nach
Schlesien und zuletzt nach Obernigk
zurück. In diese Zeit fällt seine Ver-
heirathung mit Luise Rogöe, mit der
er schon ein Jahr früher verlobt und,
nachdem sie eine Todeskrankheit über-
standen, am 4. Februar 1821 zu Obernigk
getraut wurde. Nachdem H. mit seiner
Frau noch einige Zeit auf dem Lande ge«
lebt, kehrten sie beide nach Breslau zurück
und Luise betrat wieder die Bühne,
für die man sie schon verloren glaubte.
Luisen's Triumph war vollständig. Sie
wurde bald die Zierde der Breslauer
Bühne, zahlte — was eine Folge ihrer
Anmuth war — in der Frauenwelt keine
Gegnerin und in der Männerwelt nur
unbedingte Verehrer. Holtet selbst, der
als Theaterdichter und Secretär an der
Breslauer Bühne bedienstet war, begann
die Herausgabe einer Local.Wochenschrift,
betitelt: „Der Obernigker Bote", die er
in Bälde wieder aufgab und ein größeres
Journal: .Deutsche Blätter für Poesie,
Literatur, Kunst und Theater" begrün«
dete, an welchem namhafte Gelehrte und
Dichter mitarbeiteten. Diese ehrenvolle
Wirksamkeit des jungen Ehepaares wurde
durch einen Seiltänzerscandal unter«
brochen. Holt ei als Theatersecretär hatte mit einem zur Tourniair'schen
Truppe gehörigen Luftspringer einen
Contract abgeschlossen, welchem zufolge
dieser Pantomimenvorstellungen am Bres»
lauer Theater leiten sollte, an denen aber
auch Mitglieder des Theaters mitzuwirken
hatten. Letztere weigerten sich mit Seil»
tänzern auf der Bühne zu erscheinen, eS
kam zu Kontroversen, welche mit Hol»
tei's Entlassung von seiner Theatersecre»
tarsstelle endeten. Aber auch Frau von
Holt ei betrachtete ihre Verbindlichkeit
für gelöst. Herr und Frau von Holtei
begannen sofort eine Kunstreise, u. z. vor-
erst nach Prag. dann nach Wien, Brünn,
Berlin, Hamburg, bis Luise ein Engage«
ment an der königlichen Bühne in Berlin
fand. Holtei , der
sich
von den Brettern
fern hielt, warf sich nun auf die drama«
tische Poesie und schuf mit seinen „Wienern
in Berlin" und „Berlinern in Wien" die
für Deutschland damals fast neue Gat.
tung des komischen Liederspiels. Auch
sonst schrieb H. in jener Zeit viel Literari«
scheS, Kritisches, selbst Publicistisches, als
ihn ein schweres Ereigniß traf, der Tod
seiner Frau, die am 28. Jänner 1825
nach fast zweimonatlichem Krankenlager
in der Blüthe ihres Lebens der Kunst und
ihrem Gatten entrissen wurde. Holtei
feierte das Andenken seiner Gattin als
Dichter in rührender Weise. Noch blieb
er einige Zeit in Berlin, dann aber ver-
lebte er die Jahre 1823—1828 in wea>
selvoller Thätigkeit: er trat beim König»
städter Theater als Directionssecretär.
Bühnendichter und Regisseur ein; ver>
mittelte das Engagement der Sängerin
Sontag, über zahlreiche Mitbewerber
den Sieg davon tragend; schrieb mehrere
Stücke, darunter die Posse „Der Kalk.
brenner", in welcher Beckmann zum
ersten Male als Hauptfigur die Bühne
betrat, „Der alte Feldherr" u. dgl. m.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Hibler-Hysel, Band 9
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Hibler-Hysel
- Band
- 9
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1863
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 518
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon