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Zacquin 28
Urtext des Hippokrates. Um diese
Zeit faßte der Kaiser den Entschluß,
seine Sammlung von Naturseltenheiten
sowohl im Schönbrunnergarten als im
Naturaliencabinete aus Westindien zu
bereichern. Iacquin , der bereits ein
Verzeichniß der Schönbrunner Pflanzen
nach der Linnö'schen, in Oesterreich
damals noch wenig bekannten Geschlechts»
lehre verfaßt hatte, war dem Kaiser
nicht fremd. Ihm wurde nun die Reise
nach Westindien und die Leitung des
für die Wissenschaft so wichtigen Geschäf-
tes aufgetragen. Auf seiner Durchreise
durch Frankreich hielt er sich im südlichen
Frankreich auf, besuchte die Rolands»
grotten, schickte 17 Kisten mit Zoovhyten
und Fossilien nach Wien, machte in Mar«
seille mit dem berühmten de la Conda»
mine, in Montpellier mit Sau vage
und Helvetius Bekanntschaft, deren
Rath er für seine wichtige Sendung ein«
holte; reiste nach 3ivorno, wo er sich
mit dem kaiserl. Hofgärtner von der
Schott und zwei italienischen Vogel»
stellern am 7. Jänner 1733 einschiffte.
Seine Reise ging über Martinique, St.
Eustache, St. Martin, Guadeloupe, St.
Christoph, Curaccao, St. Domingo,
Iamaica bis nach Carthagena, und von
da segelte er über Cuba nach Europa
zurück. Von dieser vierjährigen Reise
brachte I . wahre Schätze auserlesener
Naturseltenheiten und Kunsterzeugnifse
nach Wien, die theils noch bis jetzt die
kaiserlichen Sammlungen zieren, theils
zum Schmucke des Hofgartens in Schön-
brunn dienen. I . hatte die schwierige
Aufgabe, der er
sich unterzog, als Abge-
ordneter eines Welttheils an den andern,
als Stellvertreter der gelehrten Welt
so rühmlich gelöst, daß er dadurch
daS bleibende Andenken seines NamenS
begründete. Auch sein Werk: „ a.ru.erioanI.rliiQ" fand bei der
gelehrten Welt freundliche Aufnahme.
Schon ein halbes Jahrhundert vor
Iacqu in haben die Sloane und
Browne die westindische Pflanzenwelt
erforscht und eine große Ausbeute darin
gefunden, aber Iacquin 's Forschungs»
geist setzte, so zu sagen, die Arbeiten
seiner gelehrten Vorganger fort und
lieferte ein Werk, hervorragend durch
Genauigkeit und Vorsicht in der Bestim»
mung und Eintheilung, durch Kürze und
Faßlichkeit in der Beschreibung, durch
Wahrheit und Schönheit der an Ort
und Stelle aufgenommenen Zeichnungen
der Pflanzen. Er bereicherte die Botanik
mit fünfzig neuen Pflanzengattungen
und brachte in diese Wissenschaft viele
Verbesserungen und Berichtigungen.
Iacquin 's wissenschaftliche Arbeiten
werden weiter unten aufgezahlt. Den
gesunkenen botanischen Schulgarten am
Rennwege erhob I . zu einem dervorzüg-
lichsten in Europa; und diese Vervoll-
kommnung des Nnivcrsitätsgartens trug
nicht wenig dazu bei, daß sich auch
der kais. Garten zu Schönbrunn zu einer
Vollkommenheit erhob, die jetzt an ihm
bewundert wird; was vornehmlich den
Bemühungen des Hofgartners Franz
Boos M . I I , S. 61 j^ zu dankm ist.
Als Kaiser Joseph I I . die Regierung
übernahm und die Wissenschaft mächtig
förderte, ließ er mit großen Kosten
Gewächshäuser erbauen und
sie
mit aus»
ländischen Pflanzen bevölkern. Bis jetzt
war die unter den Wendekreisen vege»
tirende Pflanzenwelt noch nicht genau
beschrieben. Den Auftrag, sie zu beschrei»
ben. erhielt Iacqu in vom Kaiser 3 eo.
pold I I . und später von Kaiser Franz,
und so entstand das Prachtwerk: „Hor-
tu3 8oliölidru,iiii6iiLiL", in dessen Aus-
führung den gelehrten Forscher auch sein
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Jablonowski-Karolina, Band 10
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Jablonowski-Karolina
- Band
- 10
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1863
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 524
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon