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Jarcke Jarcke
tingen, wo er die juridischen Studien
beendete und für eine Preisschrift die
Doctorwürde erhielt. I n Bonn wurde
auch I . von der Aufregung, welche die
jugendlichen Gemüther in Deutschland
4816—1819 fast allgemein ergriff, mib
gerissen. Aber bald besann er sich, und
nüchtern geworden, folgte jenen halb
losen Träumereien die vollständige Um-
kehr. In Cöln war es, wo I . am
16. Februar 1823 von der lutherischen
Confession zur katholischen Kirche über-
trat. Dieser Uebertritt, der mit jenem
seines Freundes Phi l ipps zusammenfiel,
entstand bei I . keineswegs, wie etwa bei
Hurter M . IX, S. 442^, aus Ueber-
schwenglichkeit einer inneren Gefühlswelt,
die sich im protestantischen Ritus unbe-
friedigt fand; auch gewinnsüchtige außer«
liche Absichten dürfen nicht als Motiv
angenommen werden. Sein Uebertritt
war durchaus — was er selten sein mag
— Erzeugniß des Verstandes, der sich
im Bewußtsein der Unzulänglichkeitseiner
endlichen und beschränkten Kräfte für
verloren halt und nicht im Stande ist,
sich zur Vernunft zu erheben, die einzig
und allein auf wahrhaft dialectischem
Wege das Endliche mit dem Unendlichen
verknüpft und versöhnt. Die Liebe zur
früheren Thätigkeit mochte aber von
Neuem in ihm erwachen, denn er hielt
nicht lange darauf um Erlaubniß an, als
akademischer Zehrer wieder aufzutreten.
Anfänglich beschäftigte er sich nur Vorzugs'
weise mit dem Strafrechte, habilitirte
sich zu Bonn als Docent der Rechts-
Wissenschaft, und wurde im December
1826 zum außerordentlichen Professor
der juridischen Facultät in Bonn ernannt.
Gleichzeitig erhielt er einen einjährigen
Urlaub und begab sich mit dem Profes»
sorentitel, den man ihm bei seinem Aus»
scheiden bewilligt hatte, nach Cöln, um dort als Advocat zu prakticiren. Später,
unter der Bedingung einer Ortsverände»
rung und ohne ihm die Aussicht auf Ge«
halt zu eröffnen, wurde ihm von Seite
des preußischen Ministeriums — Kamptz,
der nachmalige preuß. Iustizminister,
war damals Director im Iustizministe.
rium — gestattet, an der Universität zu
Berlin zu dociren, wo er namentlich in
seinen Vorträgen über das Kriminalrecht
ein nicht unbeträchtliches Zuhörerper«
sonal um sich
versammelte, das sich durch
seinen klaren bündigen Vortrag und
durch die Dialectik seiner verständigen
Forschung angezogen fühlte. Um diese
Zeit betrat er auch die Laufbahn als
staatswiffenschaftlicher politischer Schrift-
steller, u. z. zuerst mit seinem „Handbuch
des gemeinen deutschen Strafrechts"
(1827 u. f.), insbesondere aber mit
seiner anonym erschienenen historisch-
staatsrechtlichen Schrift: „Die franzö.
sische Revolution von 1830", welcher im
October 1831 die Begründung des
„Berliner politischen Wochenblattes" mit
dem Motto: „H'ong u.6 voniong pas 1a
Involution, in 1a con.tr6-r6vo1u.tiou.
lliais 1o oontraärs äs 1a rövo1u.tion"
folgte. Diese periodische Schrift ward
von bedeutenden Aristokraten mit ansehn»
lichen Mitteln unterstützt und auf das
ruheliebende, der Neuerungssucht müde
gewordene Publicum berechnet, begann
I . mit allen Mitteln des Scharfsinns und
dcr Dialectik den Kampf gegen jede
Bewegung im Reiche der Geschichte wie
des Gedankens. Aber Ton und Haltung
des Blattes in der Centrale deutscher
Intelligenz, für welche damals Berlin
noch gehalten wurde, sagten dort nicht
lange zu. Iarcke's Stellung zu Preußen,
in welchem sich eben die Uebergänge zu
einer neuen Regierungsform vorzuberei'
tm schienen, wurde bald eine Anomalie,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Jablonowski-Karolina, Band 10
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Jablonowski-Karolina
- Band
- 10
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1863
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 524
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon