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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Jablonowski-Karolina, Band 10
Seite - 99 -
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Seite - 99 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Jablonowski-Karolina, Band 10

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Zarcke 99 Jarcke niß seiner vielfach angefochtenen Wirksamkeit, Auch bei Jarcke wie bei den meisten Publi» cisten ist eine Wandlung, aber nicht eine Wendung in den Ansichten bemerkbar und tritt dieselbe in dem nach seinem Tode heraus gegebenen Werke „Principienfragen" am klarsten hervor. Der Grundgedanke, der sich in diesem Werke ausspricht, ist: „daß der Staatsadso lmismus, wie er unter Metternich geHand habt worden ist, nothwendig zur Revolution führen müsse, daß er auf die Dauer unhalt- bar, weil widernatürlich sei, und daß er die Dynastien mit in den Abgrund ziehe". Die Hauptschuld, die er demselben zum Vorwürfe macht, ist die Mißachtung und Mißhand lung der Airche. Jarcke selbst war ein treuer Anhänger der Kirche und erkannte nnt Schrecken, daß Metternich mit der Kirche nur ein herabwürdigendes Spiel treibe. Das Metternich'scheSystem war — nach Jarcke — kirchenfeindlich, ja kirchenmörderisch, unter dem Aushängschild der eifrigsten. ja ultramontan sten Kirchlichkeit. Mit großer Geflissenheit wurde der böse Schein des offenen Bruches vermieden. Dafür kam aber auch der Kirche jener Segen nicht zu gute, der sonst dem Martyrium verheißen ist. Wie ein Baum, den man auf's Mark anbohrt, langsam dahinsiecht und endlich verdorrt, so sollten auch der Kirche die Schlagadern unterbunden und gleichzeitig ihrem innersten Lebenskerne, so viel Elemente des Unglaubens, so viel Febronianismus, so viel Schisma eingeimpft werden, daß im Laufe einer nicht gar langen Reihe von Jahren ohne weiteres ausdrückliches Dazuthun des Staates, gleichsam von selbst, wenn nicht die Vorsehung mit einem Wunder dazwischen trat, eine Art von natürlichem Tode erfolgen mußte. Aber auch der grausamste Despotismus, die gewalt« thätigste Dummheit der sogenannten Aufklärung — ich bediene mich nur der Worte Iarcke's — kann der Kirche Christi niemals im Wesen schaden. Hätte der moderne Staatsavsolutis» mus das Christenthum vernichten können, so wäre damit zugleich der Beweis geliefert ge< wesen, daß es doch nur uon dieser Welt war. Aller Berechnung nach mußte die Kirche dem omnipotenten Staate erliegen. Aber es ist anders gekommen. Die absolute Staatsweis« heit, mit allen weltlichen Mitteln, geistigen und physischen ausgerüstet, den Häuptern der Kirche tausendmal an Schlauheit und Welt« gewandtheit überlegen, hat ihr Ziel doch nicht erreicht. Die Philosophensecte des vorigen Jahrhunderts hatte die Fürsten überredet, sie wurden durch die Unterdrückung der Kirche stärker werden. Aber die wirkliche Folge dieses unglücklichen Kampfes, das eigentliche Ergeb« niß der auf diesem Felde errungenen Siege war die große europäische Revolution, welche jetzt schon seit 60 Jahren den Boden von Europa nach jeder Richtung aufwühlt. Sie konnte nicht ausbleiben. Das Christenthum hat den europäisch»fürstlichen Staat gebaut. Diesem grub der Absolutismus sein Grab, als er dessen sittlich-religiöse Grundlage zu zer» stören begann. Was weiter kommen mußte, kam. Man verzeichne die Angriffe, welche alle katholischen Regierungen Europa's der Reihe nach seit dem Beginne des vorigen Iahrhun« derts auf die Kirche unternahmen, in eine Spalte, und stelle auf demselben Blatte ihnen gegenüber die Umwälzungen, welche eben diese Lander — Spanien, Portugal, Frankreich, Venedig, Toscana, Neapel, zuletzt Oesterreich — erlitten. Die Moral dieser Bilanz ergibt sich von selbst. Soder nach märzliche Jarcke, dessen publizistische Richtung in Allem von der Kirche ausging und zu ihr zurückkehrte. I n der früheren Zeit — als er das „Berliner politische Wochenblatt" begründete — eiferte er, wie er später für die Kirche geschwärmt, gegen den Liberal ismus der Zeit, gegen die doctrinäre Sucht, nach flüchtig erhäschten Abstraktionen, Verfassungsformen zusammen zu setzen und politische Luftschlösser zu bauen. Der Zeitpunct, in welchem I . seinen groß» artigen und kühnen Kampf gegen den Libera« lismus begann, war günstig gewählt (1331). da die Sehnsucht nach dem Beharren auf den festen Formen historischer Entwickelung schon lebendig genug geworden und die Geschichte des Liberalismus für den Augenblick einem kläglichen Abschlüsse sich zu nähern schien. Frankreich schlug sich damals gerade durch die Schmälerung einer der drei Staatsgewalten, der Pairie, eine tiefe Wunde, während ein großartiger Minister die Revolution in ihr Ufer zurückzudrängen suchte; in Belgien war ein ohnmächtiges Gemisch von Widersinnigkeiten; in England kämpften die Aristokraten; für Portugal entwarf Don Pedro den Plan seinem Volke einen Liberalismus aufzunöthi, gen. den man dort weder kannte noch wünschte; Griechenland zeigte, wie ein Volk ohne ver« einenden Mittelpunct eines Herrscherhauses untergehen konnte; Polen war der inneren Zwietracht nicht minder als dem Schwerte des äußeren Siegers anheimgestellt: da erst eröffnete Jarcke seinen Feldzug gegen den
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Jablonowski-Karolina, Band 10
Titel
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Untertitel
Jablonowski-Karolina
Band
10
Autor
Constant von Wurzbach
Verlag
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Ort
Wien
Datum
1863
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.41 x 21.45 cm
Seiten
524
Schlagwörter
Biographien, Lebensskizzen
Kategorien
Lexika Wurzbach-Lexikon
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