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Mroly Aäroly
welche die Völker vor den Cabalen des Abso<
lutismus schützen soll. Indem der Graf nun
mit kurzen aber scharfen Zügen die Umrisse
der auswärtigen Politik zeichnet, kommt er
auf den „Phantasiestaat — in den man Ungarn
hineinschmelzen will — das einheitliche Oester»
reich" zurück, „dessen Größe nur in der Ein«
bildung, dessen Wirklichkeit nur in einigen
kleinen Provinzen besteht" (!!'.). „Die drei
Hauptsäulen, auf denen das Gewölbe eines
jeden Staates ruht. das unterstützende aus»
wärtige politische Verhältniß, der geregelte
Zustand der Finanzen und das Kriegssystem,
die Armee und ihr Geist, haben sich in Oester«
reich alb schwach bewiesen. Oesterreich muß
also, um auf's Neue ein großer Staat zu
werden, zu dem der Zeit angepaßten Alten,
d. h. zu dem auf freien Principien und die
Personalunion gebauten Dualismus zurück»
kehren. Was die Stellung Ungarns speciell
betrifft, so hat dasselbe eine dreifache Auf<
gäbe: Die Aufhebung der Ungesetzlichkeiten
während der letzten zwölf Jahre zu erwirken;
nach Aufhebung derselben den rechtlichen und
materiellen gesetzlichen Zustand von 1848 zu
verkörpern und die allseitige Sicherstellung
dieser verkörperten Legitimität durch die Krö-
nungsurkunde, das königliche Diplom und neue
versichernde Gesetze zu bewerkstelligen. Die
beiden letzteren Momente übergehend, erörtert
er die Frage der Aufhebung der Ungesetzlich»
keiten der letzten zwölf Jahre und findet in
der Passivität, welche von jedem activen Auf»
treten sich fern erklärt, das entsprechende
Mittel, und also statt in einer Adresse, im
Beschlusse die einzig entsprechende Aeuße.
rung dieser Passivität." Welches immer die
politische Ansicht deö Grafen sei, so muß ihm
der Großösterreicher zugestehen, er habe sich
nirgend in heftige unzeitige Invectiven ein<
gelassen, und wo er selbst das gesunde Recht
mit Füßen trat, trat er es mit Seidenschuhen
und nicht mit ungarischen Czismen. sDer
ungarische Reichstag 186l (Pesth 1861,
Osterlamni, 8«.) Bd. I, S.460.) — 6. Franz
h'. d. bes. Biographie S. 10). — 7. Georg
(geb. 28. März 1802). jüngster Sohn des
Grafen Joseph ^s. d. S. 11) aus dessen Ehe
mit Elisabeth Gräfin Waldstein.War-
te nb er g und Bruder der Grafen Stephan
ls.d.Nr. 14) und Ludwig ss.d. Nr. 11). Er
wurde im Jahre l84i Obergespan des Besser
Comitates und im Jahre 1842 in dieser Würde
installirt; auch ist er Director und Ehren»
Mitglied der ungarischen Akademie, zu deren Gründern er gehört und der er die ansehnliche
Summe von 40.000 fi. schenkte. Ueberhaupt
haben alle K6roly's dieses wissenschaftliche
Institut mit bedeutenden Geldsummen unter-
stützt. Große Reisen, welche Graf Georg nach
England, Frankreich, selbst nach dem Oriente
gemacht, haben seinen Blick erweitert und seine
Erfahrungen bereichert. Im I . 1848 Mitglied
der Magnatentafel, hat er sich'weniger durch
seine Theilnahme an der legislativen Thätig,
keit der Tafel als durch einen Umstand be-
merkbar gemacht, der ihm in legitimen Kreistn
sehr übelgenommen wurde. Als nämlich am
3. Juni 1849, also fünf Monate nach" dem
ersten Einmärsche der kaiserlichen Armee,
Kossuth als Landesgouverneur seinen feier-
lichen Einzug hielt, fuhr Kossuth mit seiner
Frau, Schwester und einem Adjutanten in
einem dem Grafen Georg K. gehörigen und
von diesem freiwillig gestellten Wagen, wäh-
rend der Graf selbst neben dem Wagen hoch
zu Roß dahintrabte. Der Graf hatte so der
Partei des Umsturzes das Gewicht seines alt»
adeligen Namens wie seines hohen RangeS
geliehen. Dieser Ritt kam dem Grafen hoch
zu stehen, denn bei seiner nach der Unterdrü»
ckung der Rebellion stattgehabten Aburtheilung
wurde er zu einer Geldbuße von 130.000 fi.
verurtheilt. Der Graf nahm auch im Landtage
1861 in der Magnatentafel seinen Sitz als
einer der Reichsbarone — denn der Graf ist
Kronhüter — ein, und seine sehr kurze Rede,
welche er in der Adreßdebatte des Oberhauses
in dessen 8. Sitzung am 20. Juni hielt, worin
er sich für die von dem Repräsentantenhaus
dem Oberhause mitgetheilte Adresse ausspricht
und nur bedauert, daß nicht Deak's Entwurf
unuerstümmelt beibehalten wurde, machte einen
sehr günstigen Eindruck. Der rohe AuSdruck
aber, nnt welchem der „Pester Iloyd" (1861,
Nr. 159), da er des Grafen Georg als
einer parlamentarischen Größe gedenkt, in
der Charakteristik des Grafen die Vertreter
der Negierung beschimpft, die er „Regie«
rungsgesindel" nennt, paßt vielmehr auf den
Verfasser dieser Charakteristik, als auf jene
Organe, welche zulrtzt doch nur die ihnen
gegebenen Befehle vollziehen. Graf Georg
ist seit 16. Mai 1836 mit Tun-olina Gräfin
oichu, der Schwester von Ludwig Grafen
Bathyany's Gemalin, vermalt, und stam<
men aus dieser Ehe sechs Kinder, u. z. fünf
Söhne und «ine Tochter, die Grafen Jul ius.
Victor-, Gabr ie l , T ibor , Stephan
und die Gräfin Palma. Der Graf Georg
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Károlyi-Kiwisch, Band 11
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Károlyi-Kiwisch
- Band
- 11
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon