Seite - 46 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Károlyi-Kiwisch, Band 11
Bild der Seite - 46 -
Text der Seite - 46 -
Aauffmann H
beschäftigt. Im Jänner 4763 verließ sie
Florenz und begab sich nach Rom, wo
sie sich alsbald mit Winkelmann be>
freundete. Noch im Juli d. I . besuchte
sie Neapel, wo viele der dort sich aufhal.
tenden Englander von der Künstlerin
gemalt sein wollten und die Zeit mehr
unter bestellter Arbeit als Studien für
künstlerische Zwecke hinging. Wider Er>
warten hatte sich der Aufenthalt in
Neapel beinahe zu einem Jahre ausge«
dehnt, Wenn erst am !2. April 4764
kehrte sie nach Rom zurück. Dort war
ihre ganze Beschäftigung dem Studium
der großen Meister und der Ausarbeitung
jener Bestellungen gewidmet, die von ver»
schiedmen Seiten an sie einlangten. Die
erste Muße, die sich ihr darbot, benutzte
sie zu einem wiederholten Besuche Bolo»
gna's, wo sie Mitte 1763 eintraf, welchem
ein erster Besuch in Venedig folgte, wo
die Meisterwerke Tit ian's, Tintoret»
to'S, Paolo Veronese's ihr eine neue
Seite in den Herrlichkeiten der italimi»
schen Malerschulen eröffneten. I n Venedig
lernte Angelica die Lady Weni>
worth (in den meisten Biographien
heißt sie Lady Veertwort) , eine Eng»
länderin, kennen, deren Antrag, in ihrer
Gesellschaft nach England zu reisen, sie
um so lieber annahm, als es sie längst
schon gedrängt hatte, dieses Inselland
kennen zu lernen. Am 22. Juni 1766
langte sie in London an, um diese Riesen-
stadt nach Jahren mit gebrochenem Herzen
zu verlassen. Der Empfang, der ihr in
London von allen Seiten wurde, über-
traf alle ihre Erwartungen. Iosue Rey«
nolds kam ihr in höchst schmeichelhafter
Weise entgegen. Er malte ihr Bildniß,
welches Bertalozzi meisterhaft stach.
Die vornehmen Engländer wollten von
ihr gemalt sein. Die Prinzessin von
Wales, Mutter des Königs, besuchte i Aauffmann
sie im Atelier. Kurz die anmuthige Kunst,
lerin, welcher überdieß ihr Vater eine
nahe Verwandte nachgeschickt hatte,
damit sie in der großen Wettstadt sich
nicht zu verlassen fühle, bis er selbst
nachkam, wurde gefeiert und verlebte
die glücklichsten Tage; aber bald sollten
dieselben durch ein Ereigniß getrübt
werden, über welches der Schleier des
Geheimnisses noch heute nicht gelichtet
ist. Zu einer empörenden Mystisication,
deren Gegenstand die arme Angel ica
geworden, soll Reyn old s — Schmach
ihm — die Hand geboten haben. War
es Reynolds selbst oder ein anderer
Künstler, der Angelicen Heirathsan«
trage gemacht und von ihr abschlägig
beschieden worden war, genug, der sich
durch die Ablehnung beleidigt Fühlende
faßte den Entschluß, sich auf eine ebenso
planvoll angelegte als empörende Weise
zu rächen. I n den vornehmen Cirkeln
Londons trat ein Mann auf, der sich
Graf Horn nannte und für einen Ab«
kömmling der berühmten schwedischen
Familie der Horn ausgab. Sein Auf»
treten war glanzvoll, er spielte den
begeisterten Kunstfreund und verwendete
große Summen zum Ankaufe von Ge«
mälden. I n den Künstlerkreism stritt
man sich um die Ehre seines Besuches,
da fiel seine Wahl auf das Atelier
Angelica's und in demselben schlug
er so zu sagen als Enthusiast seine Woh»
nung auf. Es entspann sich zwischen dem
Kunstfreunde und der Künstlerin als-
bald ein innigeres Verständniß. Obwohl
der Vater dazwischen trat und Ange«
lica warnte, so war gerade dieser
Widerstand eine Ursache mehr, das Un.
glück zu verwirklichen und zu beschleunig
gen. Angel ica ließ sich mit dem Grafen
heimlich trauen. Nun wurde von dem
jungen Paare eine heimliche Flucht ver-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Károlyi-Kiwisch, Band 11
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Károlyi-Kiwisch
- Band
- 11
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon