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Kaufmann 47 Kaitffmann
abredet, einestheils um sich der lästigen
Aufsicht des Vaters zu entziehen, anderer-
seits um den nunmehrigen Gemal aus
dem Bereiche der Verfolgung zu bringen,
als deren Gegenstand er sich ihr geschil»
dert hatte. Der Gemal, der sich nun im
Besitze des Weibes fühlte, trat aber mit
einem Male in ganz anderer Gestalt auf,
als er sich bis dahin gezeigt. Durch den
Besitz ihrer Person glaubte er ein Recht
auf Alles, was sie besaß, erlangt zu haben.
Als sie sich dem entgegensetzte, wollte er
seine Nechte in brutaler Weise durchsetzen.
Angel ica sollte ihm, so forderte er,
ihr ganzes Besitzthum verschreiben; sie
weigerte sich; sie sollte mit ihm London
verlassen, sie wollte nicht, wenigstens
nicht ohne ihren Vater reisen. Jetzt erst
traten die Freunde zwischen das arme
Weib und dessen Folterer. Mit dem Be-
trage von 300 Guineen verstand sich der
Gauner zur-Trennung, welche durch
einen Act am 40. Februar 1768 rechts'
kräftig vollzogen wurde. Der vermeint»
liche Graf stellte sich als einen Betrüger
heraus, der für die elende Rolle, die er
gespielt, gekauft und gut bezahlt worden
war. Ec war kein Graf, sondern soll
nur ehemals in Diensten eines Grafen
Friedrich Horn gestanden sein', spater an
mehreren Orten unter verschiedenen Na-
men, so in London zuvor als Burkle,
in Amsterdam als Studerat , anders-
wo als Rosenkranz herum gegaunert
haben; sein wirklicher Name aber schien
Brandt'gewesen zu sein, wenigstens ist
auf diesen Namen die Trennungsurkuude
ausgestellt. Der Verdacht der Anstiftung
dieser grauenerregenden That siel auf
ReynoldS. Er hat sich zwar später selbst
von dieser Anklage gereinigt und Ange-
lica eine Art Ehrenerklärung gegeben.
Aber ebenso wenig, wie es bis heute ge-
löst ist, wie gerade Neynolds in diesen traurigen Verdacht gerieth, ebenso wenig
steht er von aller Schuld frei da und^lastet
bis zur Stunde dieser Schandfleck auf
ihm. Die Theilnahme für Angelica war
in den gebildeten und höheren Kreisen
Londons sehr groß. Um so zu sagen diese
dem schuldlosen Weibe angethane Schmach
zu sühnen, erhielt K. von mehreren Sei.
ten Heirathsanträge, aber wenn auch
An g e l i c a schon damals eine völlige Auf.
lösung dieser Ehe, die sie später erwirkt
hatte, zu erlangen im Stande war, so
schauderte sie doch im Augenblicke nach der
gemachten Erfahrung vor dem Gedanken
an eine zweite Heirath zurück. Die eng»
tische Nation überhauste aber das edle
Weib mit Beweisen ihrer Achtung; einer
darunter war, daß, als um jene Zeit in
London die königliche Akademie der
Künste begründet wurde, man Angelten
Kau ff mann unter die Zahl der Pro«
fessoren aufnahm. Im Jahre 1771 un«
ternahm Angel ica in Kunstzwecken
einen Ausflug nach Irland, wo sie zahl<
reiche Bildnisse vollendete. 13 Jahre
war sie, gefeiert von den Auserwählten
der Nation, in London geblieben, aber
einerseits war es Sehnsucht nach dem
Festlande, andererseits die ihr wenig
günstigen Einflüsse des Klima, welche sie
bestimmten London zu verlassen. Früher
noch gab sie aber dem Andrangen ihres
Vaters, sich zu vermalen, nach. Bereits
war ihre erste Ehe von dem päpstlichen.
Stuhle als völlig ungiltig erklärt wor>
den. Und so kam — weniger aus Nei-
gung, als um dem Wunsche deö Vaters
zu willfahren und weil der Name des
künftigen Gatten genügende Garantie
bot, die Künstlerin, welche damals bereits
40 Jahre zählte und also über alle
Illusionen weit hinaus war, zu beglücken
— die Heirath mit dem venetianer Maler
Antonio Zucchi zu Stande. Diepriester«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Károlyi-Kiwisch, Band 11
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Károlyi-Kiwisch
- Band
- 11
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon