Seite - 50 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Károlyi-Kiwisch, Band 11
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dieselbe vor. Alle ihre Papiere sichtend,
viele derselben den Flammen überliefernd,
erwartete sie mit göttlicher Ergebung die
letzte Stunde. Immer war Gel lert ihr
Lieblingsdichter, aber in diesem letzten
Jahre war er ihr Trost, ihre Erhebung.
Wenn sie nur konnte, so las sie seine
geistlichen Lieder. Am 3. November t807,
als sie sich sehr schwach fühlte, bat sie
ihren Neffen, ihr den Gel lert vor«
zulesen. Er begann die Ode an die
Sterbenden, aber sie bezeichnete ihm die
Seite, auf welcher die Ode an die
Leidenden stand, und bat ihn, diese zu
lesen. Während er nun die ihm bezeich,
nete Stelle suchte, hatte Angelica
ihr Haupt gewendet und ihre Seele
ausgehaucht. Es war 2 ^ Uhr nach
Mittag. Die Künstlerin war 66 Jahre
alt geworden. Die Nachricht von ihrem
Tode erweckte allgemeine Theilnahme.
Architekt Uggeri , Bildhauer Albag-
gini und ihr Neffe Johann Kau ff.
mann, auch Bildhauer, trafen die zur
Bestattung nöthigen Anstalten. Canova
sBd. II) S. 231) nahm es über sich, die
Gäste zur Trauerfeierlichkeit einzuladen,
die am 7. November in der Kirche San
Andrea delle Fratte stattfand. Zu jeder
Seite des Altars war ein Gemälde von
ihr und neben dem einen die aus car»
rarischem Marmor gemeißelte, den Pinsel
haltende Hand aufgestellt. Canova
hatte einen Monat vor ihrem Tode
dieselbe vollendet. Ihrem Wunsche
gemäß, wurde ihre Leiche neben jener
ihres Gemals Zucchi beigesetzt. Ihre
Büste, von Peter (hie und da Johann
Peter) Kauffmann gemeißelt, wurde
ein Jahr darauf im Pantheon im Kreise
der Heroen der Kunst aufgestellt. Die
Aufstellung derselben fand in der feier-
lichsten Weise Statt. Früher bereits
hatten die Englander Heveston lind Bildhauer A lbagg in i ihre Büste ge«
macht, aber letzterer sie nicht vollendet. Ob
der berüh mte Med ailleur Mercandett i ,
der Angelica's Gedächtnißmünze in
der Reihe seiner Medaillen auf berühmte
Zeitgenossen heraus geben wollte, sein
Vorhaben ausgeführt, ist dem Heraus«
geber nicht bekannt. Ueber ihre Werke
(historische Bi lder , Por t räte,
Stiche; über ihre Bedeutung in der
Kunst, über die über sie erschienenen
Porträte u. dgl. m.) vergleiche Näheres in
den Quellen.
l. Ver)eicl)uiß der Gemälde und Porträte van
Angelica Sauffmann. Es ist kaum möglich,
ein vollständiges Verzeichniß ihrer Bilder her»
zustellen- sie selbst erklärte, mehrere ihrer Ge<
mälde ganz vergessen zu haben. Aber hier
wird versucht, einen möglichst vollständigen
Catalog ihrer berühmteren, oder doch
sonst interessanten Bilder zu liefern. ^) Oisto-
rische Dilder (mit Inbegriff der Altarblätter
und mythologischen Scenen). „Die Zwölf
Apostel", Frescogemälde an den Seirenwän«
den der Kirche zu Schwarzenberg, der Heimat
ihres Vaters (1757), leider durch eine spatere
Stümperhand ganz entstellt; — „Eine weib-
liche Figur, Musik und Malerei winken ihr,
ihnen zu folgen, der letzteren gibt sie Gehör"
(1760). Angelica malte dieses Vild, in
welchem die Gestalt des betreffs der Wahl
zwischen Gesang und Malerei auf dem Schei»
dewege befindlichen Mädchens ihr eigenes
Porträt ist, zweimal; — „Der Tod Leonar«
do's da Vinci in den Armen Franz I." (l781
in Venedig); — „Serums Tullius als Kind,
wie sein Haupt von einem glorimgleichen
Schein umstrahlt wird" (in Rom l784 für
Kaiser Paul); — „Hermann's Rückkehr in die
Wälder seiner Heimat nach der Vernichtung
der Legionen des Varus" (um 178!l); —
„Acncas veranstaltet die Leichenfeier des im
Kampfe gefallenen Pallas". Beide Bilder im
Auftrage des Kaisers Joseph I I . , jedoch nach
freier Wahl des Gegenstandes durch die Künst»
lerin selbst; die Figuren zwei Drittheil der
natürlichen Größe (beide im Jahre 1783); —
„Virgil der Kaiserin Octavia seine Aeneioe
vorlesend"; — „Augustus, als er die Verse von
dem Tode des Marcellus liest und Octavia
darüber ohnmächtig werdend", beide im Aus'
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Károlyi-Kiwisch, Band 11
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Károlyi-Kiwisch
- Band
- 11
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon