Seite - 73 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Károlyi-Kiwisch, Band 11
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Aaunitz 73 Aauuitz
zugedacht war, vollenden. In Wien, wo
nach Sinzendorf 's Tode (1742) Graf
Uhlefeld die auswärtigen Angelegen^
heiten leitete, und neben ihm Freiherr
von Bartenstein als Hofrath uud
Staatssecretär ^Bd. I, S. !l63^ die inne-
ren Angelegenheiten verwaltete, machte
sich in Folge der Nebenbuhlerschaft und
des daraus entstandenen Zwiespaltes der
beiden Staatsmänner der Mangel ein«
heitlichen Vorgehens in Staatsgeschäften
immer fühlbarer. Die Kaiserin, welche
einen Umschwung in den bisherigen Ver-
hältnissen durchzuführen beschlossen hatte,
berief den Grafen Kaunitz von seinem
Posten in Paris nach Wien, wo er
den außerordentlichen Berathungen bei-
wohnte. Der Staatsrath versammelte
sich in Gegenwart der Kaiserin, welche
persönlich den Sitzungen präsidirte.
Uhlefeld, Königseck, Harrach,
Bartenstein und Kaunitz, der
Jüngste unter ihnen, waren bei den
Berathungen. In einer derselben kam
auch die Frage wegen des alten Bun>
des mit den Seemächten zur Sprache.
Alle waren entschieden für die Auf-
rechthaltung des bisherigen Bündnisses.
Kaunitz, an den, als den Jüngsten, zuletzt
die Reihe zu sprechen kam, wohnte ganz
theilnahsmlos der Verhandlung bei und
gab so auffälligeZeichenseinerTheilnahms.
losigkeit, so zum Beispiel schnitt er Federn,
ließ seine Uhr repetiren u. dgl. m., daß
selbst die Kaiserin nur mühsam ihren
Unwillen unterdrückte. Nun kam an ihn
die Reihe zu sprechen. Und er, der theil-
nahmslos geschienen, widerlegte aus
seinen, an Ort und Stelle geschöpften
Erfahrungen mit solcher Gewandtheit'
und mit siegenden Gründen die Ansichten
und Rathschläge seiner Vorredner, daß
auf der Stelle für seine Meinung ent»
schieden wurde. Der Graf kehrte nicht wieder nach Paris auf sewen Posten
zurück, auf welchem ihin» Georg Adam
Graf S t a r h e m b e r g nachfolgte,
sondern wurde in wenigen Wochen,
5733, zum Minister der auswärtigen An»
gelegenheiten, bald darauf zum geheimen
Haus-, Hof- und Staatskanzler ernannt,
während Uhlefeld Oberschofmeister,
Barten stein aber döhmiscb'österreichi-
scher Vicekanzler wurde. Bisher war das
auswärtige Amt in Oesterreich bald nur
eine Abtheilung der böhmisch. öfter«
reichischen Hofkanzlei, bald wurde es
wegen der entscheidend wichtigen Mit»
Wirkung des Reiches von Neichshofräthen
geführt. Kaunitz gab dieser Stelle der
Erste jene Bedeutung, welche sie zu jener
Zeit bereits in England und Frankreich
besaß, und als welche sie bei einer Macht
ersten Ranges in allen Dingen von
Wichtigkeit die In i t ia t ive und das
letzte Wort haben muß. Wie wenig
rosig dieses Unternehmen für den Grafen
sein mochte, entnehmen wir einer Dar^
fkllung Sir Charles Hanbury Wi l -
liam's, welcher die Art und Weise schil-
dert, wie Bartenstein, dieser übrigens
durch seine Talente ausgezeichnete Staats«
mann, dem neuen Günstling der Kaise-
rin sich entgegenstellte. Bartenstein
erklärte ganz offen: „daß er nach wie
vor die Noten und Aufsätze abfassen, ja
daß, wenn irgend ein Minister sich eine
Aenderung darin erlauben sollte, er das
Ganze sogleich umändern würde, indem
er nicht gesonnen sei, zuzugeben, daß
man das, was er vollendet habe,
meistere". Diese Anmaßung ward von
Kaunitz gebührend bestraft. Als Bar«
tenstein dem neuen Minister seine Auf»
Wartung machen wollte, wavd er drei
Tage nacheinander nicht angenommen;
er ließ deßwegen am dritten Tage eine
Karte zurück mit den, seinem ursprüng-
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Károlyi-Kiwisch, Band 11
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Károlyi-Kiwisch
- Band
- 11
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon