Seite - 75 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Károlyi-Kiwisch, Band 11
Bild der Seite - 75 -
Text der Seite - 75 -
Kaunitz KauniH
war ihm gelungen, Frankreich, Rußland,
die deutschen Staaten und Schweden
gegen Friedrich I I . zu bewaffnen, ja
das eben nicht mehr ganz zeitgemäße
Mittel einer Achterklärung gegen ihn
zu erwirken. Friedrich war in Sachsen
eingefallen und an die Grenze Böhmens
vorgedrungen. 1738 stand der König
in Mahren, aber Olmütz wurde von
Loudon und Daun entsetzt, und die
Schlacht von Hochkirchen fiel zu Fried'
rich's Nachtheil aus. Bei Kunersdorf
verlor er bereits den Kopf, um ihn durch
die Ungeschicklichkeit oder Böswilligkeit
Sol tykow's, welcher die Verfolgung
des Feindes untersagte, und welche
Da un nicht energisch genug ausführen
ließ, wieder zu finden. Doch errangen
die Oesterreicher noch mannigfache Vor«
theile, welche aber durch die Siege der
Preußen wieder verloren gingen, bis der
Rückmarsch der Russen über die Oder
den Vortheil auf Friedrich's Seite
neigte, der jedoch durch die von Loud on
im Sturme bewerkstelligte Einnahme von
Schweidnitz einigermaßen geschmälert
wurde. Das siebenjährige Kriegsdrangsal
war endlich den Fürsten und Völkern
an den Hals gewachsen, und der wieder-
holte Thronwechsel in Rußland, wo nach
Elisabeth Czar Peter I I I . . nach diesem
Kathar ina den Thron bestieg, hatte
die Sachlage so gestellt, daß der Friede,
obgleich keiner der streitenden Theile einen
Vortheil davon hatte, am gerathensten
schien. Kaunitz, dessen Scharfblick es
bald herausgefunden, daß die übrigen
europäischen Verhältnisse für die nächste
Zukunft nichts Ernstliches besorgen
ließen, richtete nun sein Augenmerk auf
die Reformen im Innern, für die er bei
der großen Kaiserin immer geneigtes
Gehör fand. Diese Reformen, mit Kraft
und Plan durchgeführt, festigten Oefter» reich mehr als die trügerischen Bund«
nisse nach Außen und machten es eben den
übrigen Mächten ebenso wünschenswert^
Oesterreich zum Bundesgenossen zu haben,
als Oesterreich in seiner früheren Isolirtheit
deren suchte. Bei den Reformen im Innern
gingen Initiative und Ausführung, wie
sie bald von Seite der erhabenen Mon-
archin ergriffen, von jener des Staats«
kanzlers bewerkstelligt oder aber von dessen
Seite angeregt und durch die Beschlüsse
Mar ia Theresiens verwirklicht wur-
den, Hand in Hand. Im Folgenden ist nur
eine Andeutung aller dieser Thaten —
denn das waren die Unternehmungen
Mar ia Theresiens und ihres Staats-
kanzlers—möglich. Kaunih, der wahres
Talent und Freimuth über Alles liebte,
zog das Talent, die Wissenschaft und
Kunst in seine unmittelbare Nähe; den
Gehilfen der allgemeinen Abstumpfung
und Verfinsterung, den Jesuiten, hatte er
Zeitlebens die Fehde angekündigtundnicht
mehr nachgegeben, bis er deren Auf»
Hebung erzielte; in Kirchensachen machte
er seinen preiswürdigen Einfluß geltend:
beschrankte den Wirkungskreis der Nun»
tien auf seine diplomatischen Zwecke,
gestattete den Verkehr mit Rom nur
mehr durch das Ministerium des AuS«
wartigen; zog fest die Grenzmarken
zwischen geistlicher und weltlicher Gewalt,
machte der Geldverschleppung nach Rom
in Form von Sammlungen, Erwerbungen
zur todten Hand u. dgl. m. ein Ende;
wahrte bei Besetzung der geistlichen Stellen
und Pfründen die Rechte der weltlichen
Herren, hinderte in Glaubenssachen die
Einmischung unberufener Eiferer, und seine
Mittheilung des berühmten Briefes von
izar Schwendi, der schon 4382 die
Gewissensfreiheit in beredter Weise plaidirt
hatte, an die gottesfürchtige, aber milde
und in Glaubenssachen sich den Ansichten
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Károlyi-Kiwisch, Band 11
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Károlyi-Kiwisch
- Band
- 11
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon