Seite - 101 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Károlyi-Kiwisch, Band 11
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Hebel nach dieser Richtung angesehen
wurde. Paul GrafRäday und Kazin-
czy übernahmen die Leitung einer in
Pesth versammelten Schciuspiele^.Gesell.
schaft.undKazinczy'sGeschmackmachti
seine Nation bald mit den Meisterwerken
der dramatischen Muse bekannt. Shake»
speare's „Hamlet" und „Macbeth"
(Kaschau 4790, 8".); Lemierre's
„Lanassa" (gedruckt im 4. Bande des
Xülköläi ^at6ic82in); Göthe's „ Stella
(Preßburg 1793), „Geschwister" und
„Clavigo"; Moliöre's ^löäüoin w
gr6iui«;Gotter's„Medea";Lessing's
„Emilie Galotti". „Sara Sampson",
„Minna von Barnhelm" wurden von
K. in musterhafter Weise überseht.
Auch beschäftigte sich K. um diese
Ait mit einer Uebersetzung von Klop-
ftock'S „Messiade", welche jedoch nur
bruchstückweise erschien; gab einen Musen-
almanach unter dem Titel: „IsMc»«
«??>aLoH") d. i. Blüthen vom Helikon
(Preßburg 179l). und Veit Weber's
„Blinden Sänger" unt. d. Tit.: „ ^ e?a^-
^Tlllos" (?i'62Ldui-F 1794, 80.) heraus.
Aus dieser nur selten unterbrochenen
Thätigkeit wurde K. mit einem Male
durch eine tragische Wendung seines Ge»
schickes gerissen. Am 14. December 1794
wurde er zu Negmecz im Hause seiner
Mutter plötzlich verhastet, beschuldigt der
Theilnahme an der Verschwörung des
berüchtigten Bischofs Mart inov i ts .
Ein halbes Jahr später, am 8. Mai
1793, wurde den auf Hochverrath Ange»
klagten das Todesurtheil verkündet, das
an Zweien vollzogen, bei den Uebrigen
aber, darunter auch Kazinczy, im
Gnadenwege auf Festungsstrafe von un-
bestimmter Dauer, „bis sie hinlängliche
Beweise reuiger Besserung gegeben haben
würden", gemildert wurde. Zur Abbü-
ßung ihrer Strafe wurden die Staats. gefangenen nach Brunn auf den Spiel,
berg gebracht. Dort im unterirdischen
feuchten Kerker, bei schlechter Sträflings-
kost, erkrankte K. Als eines Tages der
Commandant des Spielbergs K. in seiner
Kobe besuchte, war dieser nicht mehr im
Stande sich von seinem Strohlager zu
erheben. Der Besuch des Commandan-
ten war aber erfolgt, um dem armen
Gefangenen anzukündigen. daß der
Palatin von Ungarn, der nachmals
vielgefeierte und immer unvergeßliche
Erzherzog Palatin Joseph. Befehl
gegeben, ihm seine Bücher und Effecten
zuzustellen und zu gestatten, daß er für
sein Geld sich verköstige. Dieser Tag (der
21. November 1793) war wohl auch ein
Feiertag — freilich eigener Art — in
Kazinczy's Leben. Ein paar Monate
spater, im Jänner 1796, wurden die
ifangenen, darunter K., in das Obro»
witzer Strafhaus, in der Nähe von
Brünn, 1799 nach Kufstein, spater nach
Munkacs transportirt, und endlich am
28. Juni 1801 wurde K. freigegeben.
Wir müssen hier zur Aufhellung dieser
traurigen siebenthalbjährigen Episode
Einiges aus K.'s eigenen Mittheilungen
nachholen. In seinen Briefen an
Dr. Karl Numy, mit dem Kazinczy
durch 24 Jahre (1307—1831) einen
freundschaftlichen und literarischen Brief«
wechsel unterhielt, erfährt man, welchen
Antheil K. an jener Verschwörung gehabt.
Ein Freund hatte ihm ein Exemplar des
Freiheits Katechismus zugeschickt. K. hatte
unterlassen die Anzeige davon zu machen,
weil er seinen Freund nicht verrathen und
überhaupt keinen Denuncianten machen
wollte. Das war, so versicherte K. feier-
lich, seine ganze Schuld; von einer Ver«
chwörung gegen die Negierung besaß er
nicht die geringste Kenntniß. Mit Mar<
t inovi ts war er nie in irgend einer
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Károlyi-Kiwisch, Band 11
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Károlyi-Kiwisch
- Band
- 11
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon