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Verbindung gestanden, wie dieser Mann
— man vergleiche nur Dr. Feßler's
Geschichte der Ungarn im zehnten Bande
— gar nicht geeignet war überhaupt eine
Revolution zu Staude zu bringen. Mit
mehreren der Verhafteten, namentlich mit
Bacsänyi und Verseghi, stand K.,
eben zu jener Zeit gar nicht in freund»
scbaftlichen Verhältnissen, vielmehr in
literarischer Fehde und eine Verbindung
mit ihnen behufs einer Verschwörung war
durchaus nichtdenkbar. Als spater Anton
von Szirmay eine noch ungedruckte
rung geschrieben, machte K. zu dem Ma»
nuscripte seine erläuternden Glossen, und
dieses Exemplar, mit K.'s erläuternden
Anmerkungen, befindet sich zur Zeit im
National-Museum zu Pesth. Rumy
bemerkt hinsichtlich dieses Manuscriptes,
daß aus demselben ein ungarischer Ge«
schichtschreib er der merkwürdigen Zeit-
Periode der neunziger Jahre des vorigen
Jahrhunderts sehr viel noch Unbekanntes
schöpfen könnte. Als Kazinczy nach
seiner Freilassung der Freiheit und dem
bürgerlichen Leben wiedergegeben war,
zahlte er 42 Jahre, er war aber stark ge>
altert und die Leiden der Gefangenschaft
hatten sein Haar gebleicht. Nun folgte
wohl eine Zeit, in welcher seine geistigen
Bestrebungen, wenn auch nicht unbedingt
und ohne Kampf, doch von Seite der
Intelligenten begeisterte Aufnahme fan-
den, in welcher ihm der Verkehr mit den
Besten und Edelsten seines Volkes, ihre
Freundschaft und Anerkennung, ferner der
Aufschwung des nationalen Geistes, an
dem er selbst einen nicht geringen Antheil
hatte, das Aufblühen der vaterländischen
Literatur, zu deren Zierden er selbst
zählte, und des öffentlichen Lebens, und
daS Glück in seinem engsten Familienkreise
manche frohe Stunde bereiteten, welche, aber leider wieder durch vielfache Krän-
kungen, die von seinen nächsten Angehö»
rigen ausgingen, deren Habsucht und
ruchlose Rechtsverletzung für ihn eine
Quelle nieversiegender Sorgen und Ent«
behrungen waren, auf das Tiefste ver>
bittert wurden. Bald nach erlangter Frei-
heit kehrte K. zu seinen literarischen Ar«
beiten zurück. Durch seine bald darauf
erfolgte Verehelichung mit Sophie
Gräsin Török, der Tochter seines ehe-
maligen Chefs, schuf er sich auch zu
Szäphalom, wo er in einem freund-
lichen Landhause wohnte, einen haus«
liehen Herd, und gefördert von dem Ver»
trauen seiner Landsleute, war er unun-
terbrochen geistig thätig. Das Vertrauen
seiner Landsleute gab sich aber in mannig<
facher Weise kund, so z. 33. ernannte ihn
das Zempliner Comitat im Jahre 4809,
als der französische Krieg ausbrach, zu
einem der 12 Deputirtm, welche mit der
Organisation der adeligen Insurrektion
betraut wurde; im folgenden Jahre wurde
er mit Joseph Grafen Dessewffy
j M . I I I , S. 26l^ > erwählt, einen Plan
zu dem Monumente zu entwerfen, wel.
ches den 1809 bei Naab gefallenen Zem«
pliner Kriegern, und das in der Stadt
Njheli aufgestellt ist, errichtet werden
sollte; im Jahre 1829 wurde ihm wieder
die Revision deS Comitats-Archives auf»
getragen u. dgl. m. Indem wir aber
zu seinen literarischen Arbeiten zurück»
kehren, so bemerken wir, daß er wieder
die Meisterwerke des Auslandes in treff»
lichen Uebersehungen seiner Nation vor«
zuführen begann. Literaturhistoriker wie
Franz To ldy bezeichnen diesen zweiten
Zeitraum von Kazinczy's Wirken als
den glänzenderen, „als jenen, in welchem
er sich den Namen eines Reformators der
ungarischen Sprachbildung erwarb. K a<
zinczy war der Erste, welcher die Fesseln,
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Károlyi-Kiwisch, Band 11
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Károlyi-Kiwisch
- Band
- 11
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon