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Aempelen 439 Kempelen
buches der Kaiserin M a r i a Theresia
in's Deutsche bemerkbar. Die Kaiserin
ließ sich den jungen vielversprechenden
Mann vorstellen und ernannte ihn zum
Concipiften der ungarischen Hofkammer.
I n einigen Jahren wurde er Hofsecretär,
dann Hofkammerrath bei derselben Stelle.
I n dieser Stellung wurde er mit mehreren
nicht unwichtigen Aufträgen betraut, so
erhielt er außer der Leitung des Baues
des königlichen Schlosses in Ofen auch
jene des gesammten Salzwesens in Un-
garn, hatte das von Näubern heimgesuchte
Banat, für dessen Colonisation die um-
fassendsten Anstalten getroffen wurden,
von den Räubern zu saubern und für
die neuen Bewohner einzurichten. Im
Jahre 1786 zum Hofrathe der vereinig-
ten ungarisch'siebenbürgischen Hofkanzlei
ernannt, versah er diesen Posten bis
zum Jahre 1798, in welchem er nach
43jahriger Dienstleistung in den Ruhe»
stand übertrat, den er noch 6 Jahre
genoß. Nicht diese amtliche Laufbahn,
die, so verdienstlich sie sein mag, sich
kaum über die Grenzen einer mit Talent
und Geist erfüllten Pflicht erheben mag.
räumt ihm einen Platz ein in diesem
Werke, auf den er seines seltenen, ja
großartigen mechanischen Genie's wegen
Anspruch hat. Von früher Jugend auf
zeigte er eine besondere Vorliebe für
Physik und Mechanik, obgleich er auch
auf den anderen Gebieten des mensch«
lichen Wissens heimisch war. Als er im
Jahre 1769 eines Tages bei Hofe den
Experimenten des Franzosen Pelletier
mit dem Magnetismus beiwohnte, soll
er sich der Kaiserin gegenüber anheischig
gemacht haben, ein Experiment sehen zu
lassen, welches nicht minder Erstaunen
und Bewunderung erregen solle, als
alles bisher Gesehene, und ein halbes
Jahr darnach zeigte er seinen Schach. türken. So wird der Ursprung seiner
Schachmaschine erzählt, die über ein
halbes Jahrhundert allgemeine Bewun«
derung erregte und selbst dann, als man
endlich hinter das so sorgfältig verbor-
gene Geheimniß gekommen war, noch
immer seiner geistreichen, merkwürdig
sinnreichen Combination wegen und mit
Recht angestaunt wurde. Diese Schach»
Maschine hatte die Gestalt eines Mannes
in türkischer Tracht, der vor einem Tische
saß, auf welchem ein Schachbrett sich
befand. Der Tisch bewegte sich auf
Rollen, die an seinen Füßen angebracht
waren und wodurch der Verdacht beseitigt
wurde, als sei Jemand unter dem Tische
verborgen. Dieser Türke spielte mit den
geschicktesten Schachspielern und gewann
in den meisten Fällen. Der Türke begann
immer die Partie, dabei hob er dm
linken Arm langsam in die Höhe*), rich-
tete ihn nach der Seite des Brettes, wo
die Figur sich befand, faßte diese mit den
Fingern, hob sie auf, stellte sie auf das
Feld, wo sie hinkommen sollte und ließ
dann den Arm wieder auf den Polster,
auf dem er sonst ruhte, fallen. Jede dieser
Bewegungen war von einem dumpfen
Geraffel, das dem Ablaufen eines Uhr»
werkes glich, begleitet. Wenn der Türke
eine Figur nahm, so hob er sie vom
Schachbrette weg, stellte sie außerhalb
desselben nieder und brachte dann die
eigene Figur auf das Feld, wo die weg-
genommene gestanden. Bei jedem Zuge
deS Gegners bewegte die Figur den Kopf
und sah auf dem Brette umher. Beim
Schach der Königin nickte sie zweimal,
beim Schach dem Könige dreimal mit
Daß die Figur mit der linken Hand spielte,
wurde von K emp elen für ein Versehen aus»
gegeben, welches sich aber, als man hinter
das Geheimniß gekommen, als eine woblbe«
rechnete Absichtlichkeit herausstellte.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Károlyi-Kiwisch, Band 11
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Károlyi-Kiwisch
- Band
- 11
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1864
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon