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Kuranda 408 Auranda
Sohn wenig bemittelter israelitischer
Eltern. Vater und Großvater waren Anti-
quar.Bucl. Händler in Prag und auch der
Sohn sollte
sich dem Buchhandel widmen.
Aber zog den wißbegierigen Jüngling
auch wenig der Vertrieb der Bücher an,
diese selbst, mit jenen Schätzen, die Geist
und menschliches Wissen in ihren Blättern
niedergelegt, weckten seine Leselust, mit
welcher auch der Drang zu ernsten
Studien immer mächtiger wuchs. Die
anhaltende, geistige Beschäftigung, die bei
den mannigfaltigen Schätzen des vater-
lichen Antiquariats nach verschiedenen
Richtungen Nahrung erhielt, weckte bald
den Drang zu schaffen in K., und früh»
zeitig schon tummelte er den Pegasus.
In der Bohemia, einem vormärzlichen
Blatte, das mit liebenswürdiger Bereit»
Willigkeit jungen Talenten seine Spalten
öffnete, erschien am 43. Februar l833
seine erste Arbeit im Drucke; es ist rin
Gedicht, betitelt: „Der zwölfte Februar".
zur Geburtstagsfeier des Kaisers Franz.
Dem folgten mehrere andere Arbeiten,
welche bei der Jugend des Verfassers nicht
Anspruch aufbleibendenWerth haben.aber
Belege eines poetischen Talentes, eines
schöpferischen Geistes waren. Der Weg,
den K. einschlagen wollte, war entschie
den, und vorr Seite des Vaters eben kein
Widerspruch erhoben worden, da Schrift'
steller und Buchhändler denn doch zwei
Wesen find, die zusammen gehören. Im
Jahre 4834 begab sich der junge Ku-
randa nach Wien und hörte daselbst
bei Lichtenfels Philosophie; zwei
Jahre später sehen wir ihn bei einem
Journale thätig, das in der Vormärz-
lichen Periode Oesterreichs seinen ach.
tungswürdigen Charakter so zu wahren
verstand, daß eS nach Bestand von nur
wenig Jahren eingehen mußte. Es ist der
von Lembert redigirte „Telegraph". Kuranda schrieb für dieses Blatt über
die Leistungen des Burgtheaters und
Skizzen aus dem Wiener Leben, von
denen erstere sein kritisches Talent, letztere
seine feine Beobachtungsgabe beurkunden.
Um diese Zeit auch entstand, während
eines längeren Aufenthaltes in Baden,
die Bearbeitung oder richtiger die freie
Benützung eines Theiles des Stoffes des
Schiller'schen Fragmentes „Warbeck",
welches K. zu einer Tragödie gestaltete,
die unter dem Tit.: „Die letzte meiLseAaZe",
in den weitesten Kreisen bekannt gewor«
den. Im Vaterlande war K. mit seinem
Drama nicht glücklich; die damalige Di»
rection der Wiener Hofbühne hatte es
aus Censurrücksichim abgelehnt, aber
bereits ein Jahr spater kam es in Stutr«
gart. Karlsruhe und in Frankfurt a. M.
zur Aufführung. Das Stück fand eine
begeisterte Aufnahme und der Kritiker
Karl Wei l schrieb nach der ersten Dar»
stellilng: „Herr K. hat zwar im Stücke
Geschichte gemacht, statt das wirklich Ge«
schehene znr Grundlage seines Drama's
zu nehmen; ollein dem Dichter ist das
wohl erlaubt und es gereicht seinem Ta«
lente zur Ehre, daß die Conlouren seiner
Gestalten so wahr hervortreten und die
Verwicklung sich so natürlick darstellt,
daß der Geschichtskundige glaubt, es sei
einst Wirklichkeit gewesen". Diese Ansicht
ist die schlichteste Anerkennung des schönen
dramaiischen Talentes K.'s. Die Dich«
tnng kam später ll844) auch in Wien
und auf anderen Bühnen (Weimar, Aer«
lin) zur Darstellung und fand nichr
minderen Beifall. K.. welcher im Früh.
jähre 1838 nach Stuttgart gereist war,
um der ersten Aufführung seines Drama's
persönlich beizuwohnen, verlängerte als«
bald seinen Aufenthalt in einer Stadt,
in welcher daS geistige Leben, das in
Wien zu jener Zeit in wahrhaft entehren»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Kosarek-Lagkner, Band 13
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Kosarek-Lagkner
- Band
- 13
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1865
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon