Seite - 446 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Kosarek-Lagkner, Band 13
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Kyselak 446 Kyselak
Zeit und versprach, nach Verlauf der-
selben wolle er auch im einsamsten abge<
legensten Thale, auf unzugänglichen
Bergen zu finden sein, so daß selbst
Fischer, Jäger, Hirten u. dgl. auf seine
Spur hinweisen würden. Die ausbedun
gene Zeit war noch nicht zur Hälfte ver>
strichen, als K. zugestanden wurde, seine
Wette gewonnen zu haben. Sein Name
war im ganzen Reiche bekannt, Tausende
von Fremden trugen ihn in's Ausland,
ja selbst jenseits deS Continents wurde
er genannt. Die Sache war einfach zuge<
gangen. K., ein rüstiger Fußgeher, ein
schwärmerischer Freund der Natur, ein
Waghals im Klettern und Steigen, hatt
auf seinen Wanderungen Pinsel und
schwarze Farbe mitgenommen und überall,
wohin er, oft unter halsbrecherischen
Schwierigkeiten, gelangen konnte, seinen
Namen mit weithin leserlichen Buchstaben
geschrieben. Wenn nun andere Freunde
der Natur, Touristen» Lustreisende des
selben Weges kamen, fanden sie immer
wieder diesen Namen, der so von Mund
zu Mund» von Stadt zu Stadt, von Land
zu Land ging und dessen Manie, sich
überall aufzuschreiben, dem immer dich
tenden Volke ein willkommener Stoff
war, Schnurren, Anekdoten u. dgl. m.
über ihn zu erzählen. So, um einige
Beispiele anzuführen, hätte Alex. Hum«
boldt auf dem Urgestein des Chim»
boraffo die Inschrift: Kyselak 1837.
gefunden. Hier hat sich aber die dichtende
Volksmuse selbst ein Schnippchen geschla»
gen, denn Kyselak ist bereits im 1.1831
gestorben. — Kyselak's Sorge um die
Erhaltung seines Andenkens durch die
Aufzeichnung seines Namens habe ihn
in Confticte mit Behörden und Privaten
gebracht. So wurde ihm amtlich unter«
sagt, eine neue über dieDonau geschlagene
Brücke mit seinem Namen zu bemalen. Er schien zu gehorchen; wenigstens war
am Tage, als die neue Brücke feier«
lich eröffnet wurde, sein Name wirklich
nicht zu sehen. AlS aber ein paar Tage
später ein Nachen unter dem Bogen der
Brücke dahin fuhr, entdeckte der Schiffer
Kyselak's Namen auf der Bogenwöl-
bung der Brücke mit Riesenzügen auf>
gemalt. — Als sich seine Manie sogar
an die kaiserlichen Gebäude wagte, habe
ihn Kaiser Franz zu sich bescheiden
lassen. Der Kaiser saß vor dem Arbeits«
pulte und ließ K. vortreten. Er verwies
ihm die Unart, feinen Namen überall hin-
zuschmieren und untersagte ihm dieselbe
für die Zukunft. Kyselak hörte schwei«
gend zu. „Was hanthiert Ihr denn eben
da", rief er mit einem Male K. zu, der,
ohne zu erschrecken, entgegnete: „Zu
unterthänigstem Dienst. Majestät — ich
bin schon fertig". Der Kaiser, der den
Sonderling nicht recht zu verstehen schien.
entließ ihn; als er aber feinem Arbeits>
tische sich zuwendete und das Blatt
Papier, das er vor Kyselak's Eintritt
gelesen, zur Seite legte, starrte ihm der
Name Kyselak und die Jahreszahl in
großen Buchstaben von seinem Schreib»
tische entgegen. Dieß einige Proben der
dichtenden Volksmuse, die auch seinen
ganz natürlichen Tod in's sagenhafte
Dunkel hüllte, sich aber auch dabei wie»
der um ein ganzes Iahrzehend verirrte.
Kyselak habe nämlich, heißt es, im
Jahre 1842, in welchem die Welt von
einer drückenden Sonnenhitze belästigt
wurde, eiligst Wien verlassen, als ihm
mitgetheilt worden, daß ein Stein in der
oberen Donau trocken gelegt worden, der
nur in vielen Jahrhunderten einmal
Achtbar werde. Kyselak kommt an,
'eine Farbenbüchse, Pinsel und Schablone
— denn eS ist Thatsache, der Name hat
überall, wo er vorkommt, dasselbe Aus»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Kosarek-Lagkner, Band 13
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Kosarek-Lagkner
- Band
- 13
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1865
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 546
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon