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Lichnawsky 74
dessen Stelle sehr moderne Verhältnisse traten,
für das historische Princip vindicirt werden
könnten. Es genügt uns angedeutet zu haben,
daß man Tendenzen von heute nicht auf
Jahrhunderte und die Conservativpolitik alter
Geschlechter schwerlich auf die Crwerbungs-
politik junger Geschlechter zurückdatiren kann."
In diesen Thatsachen, welche in der Dar«
stellung der hadsburgischen Geschichte des
Fürsten Lichnowsky klar zu Tage treten,
liegt der schwache Erfolg eines Werkes, das
in Benützung urkundlicher Schätze von keinem
zweiten der Gegenwart Übertrossen wird, und
dessen urkundliche Beilagen noch gegenwärtig
in bester Weise sich verwerthen lassen. Die
meisten Angriffe erlitt das Werk bezüglich
jener Abschnitte, welche den Kampf gegen
die Walostädte auf eine von der gebräuch-
lichen Darstellung allerdings sehr abwei»
chende Weise behandeln. Ohne auf das Stoff»
liche weiter einzugehen, bleibt 3. das eine
Verdienst unbestritten, auch einmal die andere
Seite vertreten zu haben, wobei er häufig
das Rechte getroffen haben dürfte. Die besten
Werke, welche bisher über die Schweizer«
kriege vorhanden sind, namentlich das von
Johannes Mül ler, haben, aus schweizerischen
Quellen geschöpft, vorzüglich aus Tschudi,
der nicht inuner zuverlässig ist; dabei wurde
Manches, was der schweizerische Patriotismus
übertreibend ausschmückte, gutmüthig für baare
Münze genommen. Dieser zur einseitigen Ge<
wohnheit gewordenen Methode hat 3. mit,
gehuldigt. Nichtsdestoweniger hatte 3., nach»
dem er schon in der Vollständigkeit der Quel»
lenangabe kaum Glaubliches leistet, das
merkwürdige Gedicht des Schulmeisters von
Eßlingen, das sich im Manessi'schen Coder
besinoet, unter den Quellen zu Rudolph's
Geschichte auch anführen sollen. Die Feind«
seligkeit gegen Rudolph. die aus diesem Ge<
dichte spricht, kann für den Forscher kein
Grund sein. eine Stimme der Zeit — und
das ist das Gedicht, ob es citirt wird oder
nicht — im Quellenverzeichnisse auszulassen.
I. Zur Genealogie deg Hauses Lichnowsky. Die
Lichnowsky's sind ein Adelsgeschlecht, das
gleich mehreren anderen, nicht allein durch sei«
nen Güterbesitz, sondern auch seiner Geschichte
nach mehreren Staaten zugleich angehört.
So gehören die Lichnowsky's Oesterreich,
Preußen und Nußland an; aber wie die mei<
sten dieser Familen sich vorzugsweise Oester«
reich unterordnen, die wenigsten Preußen, wo
ein präpotentes Beamtenwesen ihren Adels. ansprüchen wenig günstig ist, so ist dieß auch
mit den Lichnowsky's der Fall, die eigent-
lich polnischen Ursprungs, in Mähren und
Schlesien begütert, sich fast ausschließlich
Oesterreich zugewendet und die ihnen von
Preußen mit Diplom vom 30. Jänner 1773
verliehene Fürstenwürde auch von Oesterreich zu
erlangen beflissen waren, und sie mit Diplom
vom 31. December 1846 auch erlangt haben.
Erst in den Vierziger<Iahren ist in dieser
Hinsicht einige Aenderung wieder eingetreten;
gleich anderen Adeligen waren auch die L ick-
nowsky's als große Landeigenthümer im
Kreise Natibor zur Theilnahme an den Ver<
Handlungen des schlesischen Landtages beru<
fen, und sind so Preußen wieder näher ge^
treten. Die Lichnowsky's sind ein altes,
reichbegütertes, aus Polen nach Schlesien ein-
gewandertes Adelsgeschlecht, über dessen be-
hauptete Abstammung von dem Hause Gran»
son in Burgund, welchen Namen die Lich»
nowsky für ihren eigentlichen halten, nack
Anderen von dem Stamme P i l awa in
Polen. nichts Beglaubigtes vorliegt. I n
Schlesien erscheint das Geschlecht bereits im
14. Jahrhunderte und ein Peter 3, ist um
die Mitte des 16. Jahrhunderts ein angeseh^
ner Edelmann im Troppau'schen. Von diesem
Peter (tö30) beginnt auch Hopf in seinem
„Genealogischen Atlas" seine Stammtafel,
auf die im Uebrigen hingewiesen wird. Neber
den ursprünglichen Adel der Lichnowsky's
liegt nichts urkundliches vor, nur in dem dem
Freiherrn Mari in i l ian Ladis laus 3.
verliehenen Diplome vom lii. August 1707
heißt es wörtlich: „wann wir den gnädigst
angesehen und betrachtet das uhralt (äic)-ade'
lig und ritterliche Geschlecht deren Lich«
nowsky von Woschtitz, von welchem der
Mar im i l i an Ladis laus Lichnowsky
von Woschtitz entsprossen, beynebenst auch
erwogen, daß selbiges Geschlecht von etlich
hundert Jahren her seinen Sitz in unserm
Herzogthumb Schleßien gehabt und von dey»
Uhr-Uhr-Ahn (sio) anzurechnen, sich nebst
denen von demselben hergestammtcn Eucces»
soren mit unterschiedlichen Uhralten adelich-
freyherrlich und gräflichen Familien versipset
(Zic) gemacht u. s. w.", aus welcher Stelle
die Anerkennung eines alten Adels zu folgern
ist. Den Freiherrnftand brachte der Erste
Franz Bernhard mit Diplom vom is.
August 1702 in die Familie. Seinem Bruder
Max imi l ian Ladislaus wurde er fünf
Jahre später mit Diplom vom 31. August
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Leon-Lomeni, Band 15
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Leon-Lomeni
- Band
- 15
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1866
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 499
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon