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oder wohin sie es für gut halten,
und überwachen seine künstlerische Aus«
bildung. Dankbar nahm der Vater diesen
Antrag an und daS Schicksal des Kna»
ben, der ein Künstler werden sollte, war
entschieden. I n wenigen Tagen darnach
übersiedelte L. mit seinen Eltern nach
Wien, wo es dem Vater, jedoch nach
nicht geringerMühe, gelang, den damals
unter den unterrichtenden Meistern in
Wien obenanstehenden Czerny ^Bd. I I I ,
S. 103^> für seinen Sohn als Lehrer zu
gewinnen. Hatte dieser nun auch keine
leichte Aufgabe, den alle Form uersckmä-
henden Genius des Knaben auf jenen Pfad
hinüber zu leiten, der zuletzt zur echten
Künftlerschaft führt, so löste er doch die-
selbe mit der ihm eigenen Ausdauer,
sobald er die Eigenthümlichkeiten seines
Zöglings erkannt, und nach dieser Seite
hin gebührt Czerny der Ruhm, an L.
sein Lehramt in erfolgreichster Weise ge-
waltet zu haben. Den Unterricht in der
Composition ertheilte ihmSalier i , und
damals schrieb 3. unter des Meisters Lei-
tung mehrere kleine Kirchenstücke, und
ein T'antum sr^o fand vor allen des
Meisters Wohlgefallen. Um diese Zeit
war es auch, wo Liszt Beethoven
kennen lernte. Zu dem Einsamen, vor
aller Gesellschaft Verschlossenen, war be.
reits der Ruf des auf seltene Weise be-
gabten Knaben gedrungen und er ließ
sich ihn vorstellen. So war das Ende
des Jahres 1822 herangekommen. Nicht
volle zwei Jahre hatte der Unterricht
in Wien gedauert und 3. hatte sich bis«
her nicht öffentlich, wohl aber in einigen
angesehenen Privatcirkeln hören lassen,
so, daß er ohne öffentliches Auftreten,
bereits einen Nuf in der deutschen Kaiser«
stadt gewonnen hatte. Endlich entschloß
sich der Vater zu einem öffentlichen Con»
certe, welches auch, nachdem Czerny und Sa l ie r i ihre Zustimmung gegeben,
im land ständischen
Saale stattfand und
welchem zu des Künstlers höchster Freude
selbst Beethoven beiwohnte. Der Er»
folg war ein außerordentlicher; der Beifall
groß, als er aber die schwierigsten Ton»
werke mit aller Virtuosität spielte, wollte
derselbe kein Ende nehmen und brach zu-
letzt in den lautesten Enthusiasmus aus,
als er in einer sogenannten freien Phantasie
alle Fesseln seiner reichen und im kühnsten
Fluge noch unerschöpflichen Imagination
löste. Dem ersten Concert folgte bald ein
zweites im kleinen Redoutensaale, welches
einen, wenn denkbar, noch glänzenderen
Erfolg hatte. Nun wurden Anstalten
zu einer kleinen Kunstreise durch den
Süden von Deutschland getroffen, welche
auch im Frühjahre 1823 angetreten
wurde. — Jetzt richteten sich bei der ver«
änderten Lebensstellung, des den jungen
Virtuosen begleitenden Vaters Blicke
nach einem bleibenden Aufenthalte und
die Wahl fiel auf Paris. Im dortigen
Konservatorium, welches damals unter
Cherubini 's Leitung stand, sollte der
junge L. Aufnahme finden. Aber er fand
sie nicht. Nachdem die verschiedensten An-
forderungen gestellt worden, um die Zu»
lafsung zu hintertreiben, und alle erfüllt
waren, verschanzte sich Cherubini
hinter den Ausspruch, daß das Conser«
vatorium, als einNationalinstitut, keinen
Ausländer der Segnungen theilhaftig
werden lassen könne, welche nach seiner
Meinung dort allein von dem musikalischen
Educationshimmelherabströmen. Liszt's
Vater war über diesen Nichterfolg untröst«
lich und erst die Vorstellungen Re i cha's
und Paar's, welche er auch kennen
gelernt, beruhigten ihn. Sie bedeuteten
ihm. daß der Virlust, den er durch die
Nichtaufnahme seines Sohnes in die An«
stalt erlitten zu haben glaube, ein solcher
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Leon-Lomeni, Band 15
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Leon-Lomeni
- Band
- 15
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1866
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 499
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon