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Liszt 259
Boden Weimars die erste ganze geistige
Pflege im Sinne ihres Urhebers, durch
Liszt'S beseelenden Impuls, feurige,
thatkräftige Willens consequenz, edle, auf
tiefster Durchdringung ruhende Begeiste-
rung, im Verein mit einem Orchester, das
er zum lebendigsten organischen Ton»
körper emporzubilden gewußt, unterstützt
von tüchtigen dramatischen Künstlern,
welche ihre neue Aufgabe begriffen und
lösten', unter der Aegyde eines Fürsten«
Hauses, das nicht nur die Kunst beschützt,
sondern berufen scheint, eben immer den
höchsten Genien der Kunst seinen Schutz
angedeihen zu laffen. Es begreift sich nun
leicht, warum Wagner im Vorwort an
seine Freunde, zu den drei Operndichtun-
gen: „Der fliegende Holländer", „Tann-
hauser" und „Lohengrin" unter dem
Collectivnamen „Weimar" seine geistige
heimische Stätte bezeichnet. An Wag-
n er's Schöpfungen reihte sich eine Aus»
wähl der tüchtigsten und gediegensten
Werke aus dem Gesammtbereiche der
musikalischen Dramatik, die Schöpfungen
der Koryphäen älterer Zeit, einer berech«
tigten Vergangenheit und Werke jüngerer
Talente, welchen der für alles Schone
begeisterte Meister freudig die Hand bot.
Wer eine genauere, mit Angabe von
Einzelnheiten belegte Darstellung der
großartigen Wirksamkeit Liszt'S auf
musikalischem Gebiete, wäbrend seines
Aufenthaltes in Weimar, zu haben
wünscht, der wird eine solche in dsr
„Neuen Zeitschrift für Musik" 1839.
Nr. 6, finden. — Wie aber L iszt alles
Geistige von Bedeutung, wenn es eben!
auch nicht mit der Musik in unmittelbarer l
Verbindung stand, in seinen Bereich zog, !
dafür spricht seine Betheiligung an der
Goethe-Stiflung. Die in Berlin am I
3. Juli 1849 von einem Vereine hervor,
ragender Männer erlassene Aufforderung zu Vorschlägen über Gründung einer
Stiftung in Weimar, zu Goethe'S An.
denken, fand in Liszt einen rastlos
thätigen Förderer. Bald wurde er sozu«
sagen das eigentliche Organ, Stütze und
Anhalt dieser schönen Idee. Im Besitze
deS vollsten Vertrauens von allen Seiten,
ergriff er mit der ihm eigenen Energie,
Festigkeit und Beharrlichkeit das Project
und legte deren Ergebniß in einer beson»
deren Schrift: „Oo la.I'oiaäation-lFostky
ä. ^Oimaru, h^ni großen Publikum vor.
Während dieser Zeit besuchte er im Jahre
1838 Wien und sein Vaterland und
brachte bei dieser Gelegenheit die von
ihm componirte „Graner Festmeffe" auch
in Wien unter seiner eigenen Leitung zur
Aufführung. Er hatte dieselbe schon frü.
her, im Jahre 1836, über Auftrag des
Primas Fürsterzbischofs von Ungarn, zur
Einweihung der Basilica in Gran com«
ponirt und sie bei diesem im genannten
Jahre stattgehabten Feste in Person und
unter enthusiastischem Beifalle zur Auf.
führung gebracht. Diese ebenso vielsei,
tige als großartige Wirksamkeit sollte
aber auch, nachdem sie über ein ändert»
halbes Decennium gedauert, ein Ende
nehmen. Um die Mitte deS Jahres
1861. nachdem Liszt schon bei Gelegen«
heit deS Tonkünstlerfestes das nahe Ende
seiner Wirksamkeit öffentlich verkündet,
gab er seinen außerordentlichen Dienst
am großherzoglichen Hofe auf, verließ
die Stadt und übersiedelte nach Rom,
wo er seit dieser Zeit seinen bleibenden
Aufenthalt genommen. In Rom lebt
Liszt nun seit Jahren ausschließlich
seinen künstlerischen Zwecken. Im Jahre
1863 nahm er einige Weihen, lebt feit-
dem als Abbe vorherrschend in geistlichen
Kreisen und schreibt kirchliche Musik;
seine jüngst erschienenen Werke sind zwei
Legenden: „St. Franciscus Assisi, wie er
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Leon-Lomeni, Band 15
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Leon-Lomeni
- Band
- 15
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1866
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 499
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon