Seite - 431 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Leon-Lomeni, Band 15
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Derbheit, des scherzhaften Humors angcschla
^en. (Ich spreche hier begreiflicher Weise nicht
ran Löwe's „Iaromir" allein, sondern ziehe
die ganze Reihe seiner Gastrollen in Betrach»
tung.) Niemals war mir ein Tragiker vor»
gekommen, der mich so gleichsam mit der
Nase darauf hinstieß, daß in dirser Art und
nur auf diese Weise manche Schöpfungen
Thakespeare's. die ich bis dahin unbe»
^reiflich gefunden, möglich würden. Es war
eine Iugendfrische in diesem Manne, ein
inneres und äußeres Leben, eine Hingebung
der edelsten Kräfte, eine Gluth und Begei«
sterung! — Mag Oehlen schläg er den
„Correggio", den ich für ein sehr schönes
Gedicht zu halten wage. unbekümmert um
noch so viele hochgezuckte Achseln, geschrieben
haben — für die Bühne, mindestens für die
deutsche, neu gedichtet, reproducir t im
vollen Sinne hat ihn Ludwig Löwe. O! sie
hatten ihn überall und Alle sehr, sehr ge»
spielt, mit gelockten Haaren und seidenen
Tricots, mit runden Armen und auswärtsen
Füßen, mit pathetischem Jammer und predi»
czender Weisheit. Sie hatten sich Alle bemüht,
oinen berühmten Maler in seiner Glorie zu
trageriren. Und da kam Meister Ludwig ,
als Sohn des Dorfes, mit schlichter, ein»
facher Wahrheit, ein unschuldiges Kind. ein
gläubiger Held. und lachte durch die Thränen.
— Nein, das kommt nicht mehr wie»
der! Nicht weil ich damals jung war, er«
schien es mir so. Umgekehrt: wenn es mir
noch einmal erschiene, würd' ich wieder jung
werden. Und ich bin es wieder geworden,
wenn ich ihn noch lange nachher in seinen
besten Rollen, auf dem besten deutschen Thea«
ter, vor dem besten Publicum Deutschlands,
in Wien sah. Und ich werde wieder jung,
wenn ich seiner denke, wobei ich nur Eines
immer neu dedaure: daß ich nie dazu gelan»
gen konnte, von ihm den Heinrich Percy
zu sehen. Ich kann mir keinen Anderen vor«
stellen in dieser Rolle, als ihn. Es gibt
wenig reine Freuden auf Erden; wenig
irdische Genüsse lassen uns die unverkümmerte
Seligkeit eines durch's Leben dauernden, be»
glückenden Andenkens nach. Diese Seligkeit
der Erinnerung verdank' ich den Wochen, die
Löwe in Breslau zubrachte." sAuch in der
Breslauer „Morgen Zeitung" 1859. Nr, <18.
abgedruckt.) — Ein Kritiker in der „Allge«
meinen Theater »Chronik" schreibt über das
Leipziger Gastspiel Löwe's im I . 1836 u. a.:
„Der glänzendste Stern am deutschen Thea« terhimmel. die Zierde des ersten deutschen
Schauspiels, des Hofburg'Theaters in Wien.
der würdigste Repräsentant deutscher Kunst
ist unstreitig — Ludwig Löwe. Ein Künst«
ler im ganzen schönen Sinne des Worteö,
weiß er seinen Gebilden zugleich den Stem>
pel der reinen Natur und der höchsten künst»
lerischen Ausarbeitung aufzudrücken. Seine
Menschenbilder sind so wahr, so rein aus
dem Leben gegriffen, daß man oft nur
Gewöhnliches vor sich zu sehen wähnt und
erstaunt ist über die frappante Aednlichkeit
mit unseren Umgebungen, und doch ist daä
Unedle des gewöhnlichen Lebens so schön ver-
klärt in poetischem Schmuck, doch ist dcs
Fragmentarische der flüchtig vortretenden Le«
benserscheinung so ganz ausgefüllt durä'
Fleiß und Kunst, daß man vergebens ein
Original sucht für das dargestellte Bild und
es nur wiederfindet in der sinnigen Betracl"
tung der reinen unverfälschten Schöpfung
der Natur. — Ludwig Löwe wurde von
der Natur nicht so sehr, wie mancher Ander».',
begünstigt: sein Aeußeres könnte störend auf
manche Rolle einwirken, sein Gesicht ist nicl»r
schön und seinem Organe fehlt Kraft und
Umfang. Aber seinem Fleiße und Genie
haben selbst diese natürlichen Hindernisse
weichen müssen. Der Aoel in allen Bewe»
gungen, die Würde und Grazie seiner Hal.
tung und die feinste Gewandtheit machen seine
Erscheinung zugleich imposant und liebens«
werth; auf seinem Antlitz treten die Zeichen
jeder Empfindung klar und natürlich heruor
und machen es stets zum Spiegel der Seele,
zum untrüglichen Reflector des Innern; un<
ermüdeter Fleiß und weise Berechnung haben
die natürlichen Mängel seines Organs über
wunden und er hat den rollenden Donner
der aufgeregten Leidenschaft eben so sehr in
seiner Gewalt als den weichen süßen Hauch
der schüchternen Liebe; nirgend zeigt es ficb
eminenter, was reden heißt, als in Löwe's
Vorträgen. Was dem Spiele Löwe's nocb
einen besonderen Reiz verleiht, ist, daß e5
immer frei bleibt von kleinen Kunstgriffen;
daß nie Geschraubtheit und Prätension darin
liegt; Alles fließt so leicht, so natürlich, so
ungekünstelt dahin, daß man augenblicklich
überzeugt ist, so und nicht anders könne und
müsse das sein und nicht begreift, wie eö
möglich ist, die einfache Natur oft so sehr zu
verkennen, wie es doch so hausig geschieht."
— Gustav Kühne in seinen „Porträts und
Silhouetten" schreibt bei Beurtheilung einiger
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Leon-Lomeni, Band 15
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Leon-Lomeni
- Band
- 15
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1866
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 499
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon