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Fonghi 8 LonZhi
dien vollendete. Unter den Lehrern,
welche 3. für seinen Beruf vorbereiteten,
wendete ihm der Abate Antonio Mussi.
der nachmalige Bibliothekar der Ambro-
sianischen Bibliothek, der sich selbst in
seinen Mußestunden mit den schönen
Künsten, vornehmlich mit der Malerei
beschäftigte, eine besondere Theilnahme
zu. 3. besuchte seinen Lehrer oft in seiner
Zelle, zeichnete dann mit der Feder Ku<
pferstiche ab, oder fertigte Bildnisse feiner
Schulkameraden, die er mit großer
Aehnlichkeit entwarf. Das Talent seines
ZoglingS zu fördern, lieh Ab. Mussi
demselben gute Kupferstiche und Zeich-
nungen, machte ihn auf die Irrthümer
aufmerksam, die er in feinen Zeichnungen
fand und ertheilte ihm überhaupt manche
Lehre bezüglich der Führung des Zeichen«
stiftes. Unter solchen Umstanden schwand
immer mehr und mehr 3 onghi'S Lust zu
einem Berufe, den er nicht selbst gewählt,
und im Jahre 1786, nachdem er bereits
die philosophischen Studien beendet und
eben jene der Theologie beginnen sollte,
hatte er sich entschieden, den geistlichen
Stand aufzugeben und sich ganz den
zeichnenden Künsten zu widmen. War
Longhi's Vater auch einverstanden, daß
der Sohn. wenn er keinen Beruf zum
geistlichen Stande in sich fühlte, densel-
ben aufgab, so stimmte e,r doch keines'
Wegs der Wahl bei, welche derselbe ge>
troffen. Um Medicin oder die Rechte zu
studiren, schien dem Sohne bei seiner
Neigung für die Kunst zu gewagt, ent»
Weder mußte die Kunst dem Berufs»
studium, oder dieses jener weichen und
somit entschied er sich für den ihm von
feinem Vater gestellten Antrag, sich am
Geschäfte des Seidenhandels zu beth ei»
ligen; auf diese Wcise meinte er denn
doch taglich einige Stunden zu erübri-
gen, die er dann seiner Lieblingsneigung zuwenden konnte. Während er so schein-
bar dem Geschäfte des Seidenhandels
mit allem Eifer oblag, huldigte er ins-
geheim seinem Genius und zeichnete und
radirte mit Fleiß und Sorgfalt. Auch
vernachlässigte 3. nicht die Lecmre von
kunftgeschichtlichen Werken und lernte
aus denselben das unwürdige Treiben
des Brodneides kennen, welcher Umstand
ihn zunächst bestimmte, sich um seine
künstlerische Unabhängigkeit zu wahren,
vor allem andern für die Kupferftechkunst
zu entscheiden. Wohl war die heimliche
Ausbildung für die Kunst ihm in seinem
Fortschreiten wenig förderlich, aber einen
tüchtigen Lehrer konnte er. wenn eS den
Eltern nicht auffallen sollte, nicht neh.
men; er blieb also auf sich selbst ange»
wiesen und suchte zunächst gute Umrisse
nach tüchtigen Meistern sich zu verschaf«
fen, die er dann mit fast ängstlicher
Sorgsalt durchzeichnete. Manchmal ver»
schaffte er sich auch einen jungen Bur.
schen oder sonst Jemand, der ihm Modell
saß und den er dann in allen Stellun.
gen zeichnete, aus Büchern aber lernte
er Knochen» und Muskellehre, besuchte
auch dann und wann das Krankenhaus
und zeichnete und studirle dort die von
Moscat i gefertigten Präparate. Vor
Allem übte er sich aber im Federzeich'
nen, welches wohl die geeigneteste Vor«
bereitung zum Kupferftechen sein möchte,
und worin er mit der Zeit eine be.
'wunderungswürdige Geschicklichkeit er»
langte. Ein auf diese Weise ausgeführtes
Blatt gelang ihm im Jahre 1791 einem
Mitgliede des österreichischen Kaiserhauses
zu überreichen und dieser Umstand uer.
schaffte ihm ungesucht die Auszeichnung,
zum ersten Zögling der Kupferstecher-
schule ernannt zu werden, welche Kaiser
Leopold I I . im Jahre 1790 in Mai-
land begründet hatte. Die Zöglinge dieser
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Band 16
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Londonia-Marlow
- Band
- 16
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1867
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon