Seite - 76 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Londonia-Marlow, Band 16
Bild der Seite - 76 -
Text der Seite - 76 -
London 76 London
stiegen. Bei der ganzen Unternehmung
siel von Seite der Oefterreicher kein
Schuß, sie kämpften nur mit Bajonnet
und Säbel. Erst als sie in die inneren
Festungswerke gedrungen waren, nahmen
sie die dort
stehenden preußischen Kanonen,
kehrten sie um und feuerten damit gegen
die Stadt. Der von Ianus mit seinen
Croaten auf das Wasserfort unternom-
mene falsche Angriff verwandelte sich in
einen wahren, die Croaten erstiegen die
Schanze. Um 6 Uhr Morgens, nach drei-
stündiger Stürmung, war die Festung ge-
nommen und die ganze Besatzung, alles
Geschütz sammt Munition und sonst große
Vorräthe waren in Loudon's Besitz.
Die Gefangenen waren 3776 mit 414
Officieren, darunter General Z a st r ow.
Die Beute bestand aus 211 Stück
Geschützen, l200 Pfund Pulver.
123.000 Kanonenkugeln, 27.000 Kugel-,
6290 Kartätschenpatronen, 4,600.000
Flinten-, 3,876.000 Karabinerkugeln.
1,300.000 Flintenpatronen, 40.000
Bomben; an Mundvorrath: 20.000
Portionen Brot, 334.780 Portionen
Zwieback, 18.000 Scheffel Mehl.
104.900 Scheffel Getreide. I n der ersten
Wuth hatten die Soldaten wohl zu
plündern begonnen, aber alsbald spreng-
ten Liechtenstein und Kinsky mit
ihrer Reiterei in die Stadt und stellten
die Ordnung her. Loudon ließ den
Stürmenden die versprochene Belohnung
auszahlen und jeder Soldat erhielt
13 Thaler auf die Hand. Das Regiment
Kolowrat, von welchem kein Mann ge>
plündert, erhielt von der Kaiserin dieses
braven Verhaltens wegen ein besonderes
Geschenk. Der Verlust der Oesterreicher
betrug an Todten, Verwundeten und
Vermißten 1363 Mann, die meisten
waren durch ein am Bögenfort in die
Luft gesprengtes Pulvermagazin umge« kommen. Loudon ließ nun die Festung
von seinen Truppen besetzen und die be»
schädigten Werke ausbessern. Die Kai'
serin schickte auf die Nachricht von der
Einnahme der Festung Loudon ihr
mit Brillanten besetztes Bildniß und zwei
Kästchen mij> Kleinodien für jene Offi«
ciere, die sich bei dieser Unternehmung
besonders ausgezeichnet hatten. Der
Vortheil, den Oesterreich durch den Fall
von Schweidnitz errungen, überwog bei
weitem die in den bisherigen sechs bluti-
gen Feldzügen errungenen. Nachdem
Loudon seine Armee die Winterquar-
tiere in Schlesien beziehen ließ, begab er
sich selbst nach Wien, wo er am 2. Jan»
ner 1762 von Hof und Bevölkerung mit
Jubel empfangen wurde. Nach dem,
Ende 1761 erfolgten Tode der Kaiserin
Elisabeth. welcheMaria Thersia's
Bundesgenossin gewesen, schöpfte Fr i ed>
richll., der an Peter I I I . einen Bun»
desgenoffen gewonnen, neue Hoffnung,
die freilich bald wieder schwand, nach«
dem Kaiser Peter schon nach weni-
gen Monaten seiner Regierung Thron
und Leben verlor. Indessen hatte doch
der König scbon die Belagerung von
Schweidnitz begonnen und die Festung
nach 63tägiger Belagerung genommen,
deren sich Loudon in drei Stunden
bemächtigt hatte. Nun aber wurde der
Friede ernstlich in Anregung gebracht
und am 13. Februar 1763 zu Huberts«
bürg in Sachsen zwischen Oesterreich und
Preußen geschlossen. So viej Blut war
von beiden Seiten vergossen worden,
damit der Länderbesitz beiderseits unver-
ändert verbleibe, wie er vor Ausbruch
des Krieges im Jahre 1756 gewesen!
Loudon, der sick nach den Mühen und
Beschwerlichkeiten des Krieges nach Ruhe
sehnte, erhielt nun von der Kaiserin das
böhmische Indigenat und das unweit
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Band 16
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Londonia-Marlow
- Band
- 16
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1867
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon