Seite - 77 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Londonia-Marlow, Band 16
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London 77 London
Kolin gelegene Gut Klein »Beczwar
zum Geschenke. Seine angegriffene Ge-
sundheit stärkte er zu Karlsbad, wo er
den Dichter Gel ler t kennen lernte, dem
wir eine vortreffliche Charakteristik Iou-
don's ^vergleiche die Quellen S. 89^
verdanken. Da ihm das Gut Klein-
Beczwar einen zu geringen Umfang
hatte, vergrößerte er es durch den Ankauf
von GroßBeczwar, baute nun ein
schönes Schloß und lebte dort als Land-
Wirth. Im Jahre 1766 ernannte ihn die
Kaiserin zum Hofkriegsrathe, im Jahre
1767 nahm ihn die unmittelbare Reichs-
ritterschaft als Mitglied in ihre Ver«
sammlung auf, im Jahre 1769 ernannte
ihn die Kaiserin zum commandirenden
General von Mahren und Commandan-
ten von Brunn, welche Stelle 3. jedoch
bald wieder zurücklegte. Der Begegnung
des Kaisers Joseph und Königs Frie d-
rich I I . in Mährisch'Neufiadt im Herbste
1770 wohnte auch Loudon bei und
wurde 3. von Seite des Königs in lie-
benswürdigster Weise bevorzugt. Einst bei
Tische, als Loudon wie gewöhnlich ein
ganz bescheidenes Plätzchen suchte, nahm
ihn der König bei der Hand und zog ihn
an seine Seite mit den Worten: „Hier»
her zu mir, mein Herr von Loudon, ich
sehe Sie lieber neben mir, als mir gegen'
über". Auch schenkte er ihm vor dem
Abschiede zwei schöne Pferde mit reichen
Schabraken. Als im Jahre 1772 die
erste Theilung Polens erfolgt war, b>
reiste Kaiser Joseph in Gemeinschaft
mit Loudon, Pelegr in i und Nostiz
das neu erworbene Land von einem
Ende zum andern. Der Besitz seines
Gutes Groß- und Klein-Beczwar wurde
ihm durch die im Jahre 1773 ausge<
brochenen Bauernunruhen, welche einen
sehr bedenklichen Charakter angenommen
hatten, gründlich verleidet. Obgleich seine Besitzung von jeder Gewaltthätig»
keit verschont geblieben war, verkaufte er
doch dieselbe, erließ seinen Unterthanen
beim Abschiede alle Rückstände und über»
siedelte nach Wien, wo ihm die Kaiserin,
welche die Käuferin seines Gutes war,
dafür das ehemalige Liechtenstein'sche
Haus sammt Garten in Hernals, dann
zum Absteigquartier ein Haus in der
Stadt und eines in der Vorstadt gab.
Aber alles dieß verkaufte Loudon, der
einen einsameren Aufenthalt aus dem
Lande liebte und kaufte Hadersdorf bei
Wien, wo er als Landwirih lebte, baute,
pflanzte, verbesserte und sein selbftge»
wähltes Asyl verschönerte. Als bald nach
dem Tode des Churfürsten Maximi l ian
Joseph von Bayern, des letzten seiner
Linie (30. December 1777), Oesterreich
seine Ansprüche auf Bayern erhob, ver-
düsterte sich der politische Horizont und
alle Anzeichen eines nahen Krieges
zeigten sich. Am 27. Februar 1776
wurde Loudon zum Feldmarschall er»
hoben. Zwei Heere wurden aufgestellt,
eines in Böhmen an der scklesischen
Grenze, welches Kaiser Joseph in Per»
son, Lacy und Hadik an der Seite,
befehligte, das andere gleichfalls in Böh>
men an den Grenzen von Sachsen und
der Lausitz, welches unter Loudon
stand. Der Krieg jedoch bot, außer eini-
gen, für den Tactiker lehrreichen Bewe-
gungen, sonst keine interessanten Momente.
Eines Umftandes aber sei gedacht, weil
er beweist, wie Joseph I I . seinen 3o ü-
don hoch in Ehren hielt. Als eines
Tages der Kaiser mit Loudon einen
sehr hohen Berg erstieg, um von diesem
erhöhten Standpuncte die Gegend gco'
metrisch aufzunehmen, bemerkte der Kai-
ser, indem beide die Ankunft der geome-
trischen Instrumente erwarteten: „Die
Welt vermuthet wohl nicht, daß jetzt ein
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Band 16
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Londonia-Marlow
- Band
- 16
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1867
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon