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ü'uschin 164 Luschiu
berühmtesten und berüchtigtsten Menschen aller
Stände, Zcitm und Nationen (Ilmenau t82i»,
Voigt. 8«) Bd. III, S. 529.
Luschin, Franz Xaver (Fürsterz,
bischof von Görz, geb. in der Nähe von
Lind nächst dem Gute Peggein in Kärn-
then 3. December 1781, gest. zu Görz
2. Mai 1834). Sein Vater Leonh ard
Luschin, Besitzer der gleichnamigen
Hübe, hatte außer ihm nur noch eine
Tochter und gab beiden Kindern eine,
wenngleich einfache, standesmäßige, doch
sorgfaltige Erziehung. Franz besuchte
die Schule zu Teinach unter dem braven
Lehrer Joseph Wedenigg. Dieser und
die dortige Geistlichkeit stimmten den
Vater, da des Knaben Anlagen und Fleiß
zu den schönsten Hoffnungen berechtigten,
dahin, daß er ihn in die Normalschule
nach Klagenfurt und hierauf auch daselbst
an's Gymnasium schickte, wo ihn sein
Fleiß und seine Eingezogenheit besonders
empfahlen. Im Jahre 1797 hatten die
Stürme der französischen Revolution, so
wie die Staaten und Völker auch die
Geister aufgeregt, und bereits L u schin's
Heimat, Kärnthen berührt. Nachdem alle
kaiserlichen Behörden sich aufgelöst und
die Beamten bis auf wenige das Land
verlassen hatten, bemächtigte sich dieses
Gefühl der Unsicherheit, des Bangens
vor der Zukunft, auch der Jugend,
und unser Luschin, wie mehrere sei«
ner Collegen verließen die Hörsäle, um
in landlicher Abgezogenheit dem dro<
henden Schicksale zu entgehen. Franz
Luschin, den Unwillen seiner Eltern
über eine solche Entfernung von seinen
Studien befürchtend, kam bei nächtlicher
Weile von dem nahen Klagenfurt in sein
Vaterhaus zurück, schlich sich in die Kam
mer der Knechte Ulid suchte an der Seite
eines derselben die Nlche. Seine Ankunft
wurde zuerst von der weckenden Magd bemerkt und der Mutter entdeckt, worauf
dieselbe zum Sohne eilte und aus dessen
Munde die niederschlagende Kunde seines
Entschlusses vernahm, den Studien Lebe»
wohl zu sagen und am heimischen Herde
von der Erdscholle das karge Brot zu
gewinnen. Wie den zornigen Vater be-
schwichtigen und die erstaunte Nachbar«
schaft aufklären? Endlich wagt sie zitternd
den Schritt, und kaum entgleitet dem
bebenden Munde das Wort: Franz ist
gekommen und will nicht mehr studiren,
sondern Bauer werden. Der Vater war
ruhiger als zu erwarten. „So soll er denn
Bauer werden, es ist schon recht". ant<
wortete der kurz angebundene Mann, ließ
den Sohn kommen, befahl ihm die Stadt»
kleider abzulegen, reichte ihm das bäuer»
liche Gewand, seine eigenen Holzschuhe,
legte ihm ein Strohband um die Hüfte,
wie es die dortigen Knechte beim Mähen
zu haben pflcgen, gab ihm Sense und
Kumpf und schickte ihn mit den barschen
Worten auf die Wiese: „Hast du bei
den Knechten geschlafen und gegessen, so
magst du auch mit ihnen arbeiten". So»
mit war der künftige Primas von Gali>
zien, der Fürstbischof von Trient und
Erzbischof von Görz. Sr. Majestät
geheimer Rath und Ordensritter nach
Knechtesweise standeSmäßig adjustirt und
installirt! Franz, der eine Zeit die
Stadt im Bauemgewand Sacke tragend
betreten hatte, ging aber mit nächstem
Studienjahre wieder von dem Pfluge zu
den Schulbänken über, die er vor einem
halben Jahre vermeintlich auüsichtslos
verlassen hatte. Aber noch sollten herbere
Prüfungen über ihn kommen. Im Jahre
1800 wurde Franz zu Klagenfurt vom
Nervenfiebec befallen, das ihn an den
Rand des Grabes brachte. Seine Schwe-
ster, fünf Jahre älter als er, eilte auf
die Nachricht davon an sein Krankenbett
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Band 16
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Londonia-Marlow
- Band
- 16
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1867
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon