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Lusiberger 169 Lußberger
Zimmermanns, der als Theatermeifter bei
dem Theater der Stadt Frankfurt a. M.
bedienstet war. Der Vater hatte ihn
frühzeitig zu dem Stande eines Mecha»
nikers bestimmt, aber 3. war als Knabe
schon für Malen und Musik begeistert.
Ein Zufall brachte ihn mit dem zu jener
Zeit an dem Frankfurter Theater ange»
stelltm Schauspieler Julius Weidner
zusammen. Weidn er bemerkte in dem
damals 16jährigen Jünglinge ein un°
zweideutiges Talent für das Theater.
Er nahm sich des jungen 3. an. und
schon nach kurzer Zeit ward derselbe im
Chöre des Frankfurter Theaters ange-
stellt und bald darauf als Schauspieler
engagirt. Er blieb in der Stellung bis
1843, wo er ein Engagement mit dem
königlichen Hoftheater zu Stuttgart ab'
schloß. Im Jahre 1846 folgte er einem
Rufe an die königliche Hofbühne nach
München und wurde im Herbste des
Jahres 1846 auf ein Jahr im k. k. Hof-
burg'Theater in Wien engagirt. Nach
Ablauf des Jahres trat 3ußberger an
dem k. k. priv. Theater an der Wien als
Regiffeur des Schauspiels ein und blieb
hier bis zum Jahre 1830, wo er zum
k. k. Hofburg.Theater zurückkehrte und
noch im December l8!>3 das Decret er«
hielt. I n unausgesetztem Fortschritte be«
griffen, stieg 3. fast mit jeder bedeuten»
deren neuen Rolle in der Gunst des
Publicums; aber auch die kleinste ihm
zugefallene Aufgabe zeigte den hohen
künstlerischen Ernst, der ihn beseelte, die
strenge Gewissenhaftigkeit, mit der er
seinem Berufe im Allgemeinen angehörte
und in jeder Leistung durch eine Fülle
fein ausgearbeiteter Nuancen ein Cha>
rakterbild zu componiren wußte. Noch in
jüngster Zeit hat er in einer Reihe der
glücklichsten humoristischen Rollen eine
ungetheilte Anerkennung sich erworben, i Sein Frankfurter Accent wirkte lange
Zeit störend und verdarb vieles, was
sein feiner Darstellungsstnn so glücklich
erfaßt und wiederzugeben verstand. Als
aber seine Mutter, die seit Jahren bei
ihm lebte, starb und der tägliche Verkehr
im heimatlichen Sprachtone aufhörte,
entwöhnte sich sein Organ von da an
des, dem Frankfurter Accente eigenen
singenden Gaumentons und damit war
das letzte Hinderniß gewichen, das seiner
! künstlerischen Bedeutenheit bisher störend
im Wege gestanden. 3. zählte nunmehr
— leider nur für kurze Zeit — zu den
ersten Mitgliedern des .Burgtheaters.
Behagliches Alter, gutmüthige Poltrone
spielte er mit bestem Erfolge; für das
Fach der Tartüffe's in allen Schattirun»
gen war er aber, wie ein wohl glaub»
würdiger Gewährsmann, Director
Laube es ausspricht, eine Specialität
geworden, wie sie äußerst selten auf der
deutschen Bühne zu finden ist. Auch be«
saß 3. ein ausgesprochenes Zeichnentalmt
und entwarf für jede Rolle von einiger
Wichtigkeit ein Portrat, welches er an
seinem Kopfe trefflich zu reproduciren
verstand. Noch im letzten Jahre seines
Lebens war er jeden Morgen in einem
Saale der Akademie der Künste zu
finden, mit sorgfältiger Zeichnung und
Modellirung menschlicher Gliedmaßen
beschäftigt. Wenige Tage vor seinem, in
Folge eines Herzleidens, eingetretenen
plötzlichen Tode war er aufs 3and ge<
gangen, in eine reizende Gebirgsgegend
Oesterreichs u. d. Enns, in das herrliche,
in der Nähe deS Schneeberges gelegene
Puchbergerthal, um dort in ländlicher
Zurückgezogenheit die Burgtheaterferien
zu verleben und nebenbei mit dem
Pinsel sich zu beschäftigen. Wenige Tage
darauf war er, erst 44 Jahre alt, eine
Leiche. Sein Platz ist heute, nach zehn
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Band 16
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Londonia-Marlow
- Band
- 16
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1867
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon