Seite - 199 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Londonia-Marlow, Band 16
Bild der Seite - 199 -
Text der Seite - 199 -
Mcha 199 MHcha
Auf dem Mittelsteine ist der trauernde Geniu,
der Dichtung, hinter welchem die aufgehend
Sonne sichtbar ist, in Basrelief zu sehen. Dei
obere Stein trägt die Inschrift: Kare
Hläoka, I narosen 13. listOMcw 1810
3. U8toxg.än t836. Mie aus den Mitthei,
lungen der schon erwähnten It,oäinuä ^ronik
ersichtlich, wäre also auch auf dem Grabstein,
ein falsches Geburtsdatum eingemeiĂźelt.
Der untere Quaderstein zeigt in Inschrifi
Mächa's Devise, einen Vers aus seiner Dich
tang „AIH") welcher lautet: Naikkät csät
mä! I N3,rn6 vo1än<, d. i. Weit ist mein Weg
noch. Fruchtloses Rufen!! — Das zweite
Denkmal besteht aus einem sich zuspitzenden
verzierten, oben mit einem Kreuze versehenen
Obelisk mit zwei Tafeln. Die obere Tafel
zeigt die Inschrift: Narsi Nynsic > kläoka, >
uär. i-. 1810 I 2ow,5o1 r. 1336. Die untere
Tafel zeigt die nämliche, oben bei seinem
Grabsteine angegebene Devise. — Ueber dem
Fenster des Zimmers im Hause Zu Leitmerih,
wo Mächa erkrankte und starb, befindet sich
eine schwarze Marmortafel mit folgender Auf«
schrift: „55äQ Til a, uinvel 15. It. kläodg, r.
1836« (d. i. Hier lebte und starb K. H. Mächa
im Jahre 1836). — Der jüngst (zu Werschetz
im Banate am 5. September 1863) verstoo
bene Arzt und Dichter der „Sensitiven". Fried«
richBach, hat an Mächa ein elegisches Ge
dicht gerichtet: „Am Grabe Karl Mächa's".
welches in „Ost und West" 1841 , Nr. 93,
abgedruckt steht.
IN. Hur literarischeu Charakteristik Miicha's des
Dichters. Mächa's Hauptwerk ist und bleibt
seine Dichtung KIH, sie ist reich an lyrischen
Glanzpuncten wie an epischen Situationen.
Ein eigenthumliches Werk! Zur Zeit des Herr»
lichen wonneathmenden Maimonoeö führt uns
M. in den dĂĽsteren Kerker eines zum Tode
verurtheiltcn Räubers und Vatermörders;
wir hören am Abende die hohlen Philoso»
pheme dieses kaltblĂĽtigen Verbrechers und um
Mitternacht eine phantastische Serenade, auf»
geführt von gefühllosen Naturwesen der Schä«
delstätte. Am folgenden Tage erfahren wir
die Hinrichtung des Räubers und den erfolg«
ten Selbstmord seiner Gelieben, eines gefalle«
nen Engels. DieĂź sind Bilder aus Byron's
Schule. Und an dieses Sujet hat der Dich.
ter die kostbarste Bilderpracht, die ĂĽppigste
Diction verschwendet. Mag der kritische Geist
von dieser Art Poesie wie immer denken und
urtheilen — auf das Gemüth macht das Ge»
dicht einen tiefen schmerzlichen Eindruck. Es ist nicht wie die weiĂźe Taube, die den grĂĽnen
Oelzweig bringt und eine goldene Zukunft
verkĂĽndet: es ist wie die Nachtigall, die in
der Mondscheinnacht auf cypressenumrausch'
ten Grabhügeln klagt und aus der melancko»
tischen Nachtruhe das Evangelium der Ver»
gänglichkeit herausliest. Ein ähnlicher Trauer-
geist weht aus den kleineren Gedichten
Mächa's. Nur selten glänzen sie in krystall.
klarer Spiegelung und hauchen das sĂĽĂźe
Aroma harmonischer Gefühle, nur selten ve»
fchäftigen sie sich mit unmuthig subtilen Fra<
gen der Naturscholastik, nur selten lächeln
niedliche Amoretten und neckisch graziöse Elfen
aus den musikalischen Strophen hervor. In
dĂĽsteren Bildern fĂĽhlt sich die Phantasie des
Dichters am liebsten zu Hause; hier die Lieb»
lingsstätte ihrer Gedanken und Träume. Als
Mächa starb, beklagten vier böhmische Sän»
ger seinen Tod und charakterisierten in ihren
poetischen Nekrologen sehr glĂĽcklich seinen
schaffenden Genius. Ku2inany sang von
ihm: „Schön wie von Marmor war dein Lied.
ein marmorkaltes Feuer brannte in deiner
Brust". — Wlcek sagte: „Herzbrechend klan«
gen seine Saiten und sein Geist war schmerz»
lich zerrissen vor Gram". Rieger meinte
von ihm: „Er suchte den Tod in jeder Schön«
heit, in jeder BlĂĽthe". Sabina bezeichnete
ihn als „glänzendes Meteor in dunkler Nacht
über einer öden Landschaft, als einen Stern,
der. kaum wahrgenommen, in den Abgrund
fällt". Alle diese Aussprüche lassen sich auf
Mächa's lyrische Ergüsse anwenden. Seine
Gedichte scheinen ebensoviele Leichensteine auf
den Gräbern der zerstörten Lebensfreuden,
der gebrochenen Hoffnungen, der verwehten
Liebesträume. Und diese Leichensteine sind
gemeißelt aus einem Felsen, aus einem Mar»
mor, der weißglängende hohe Säulen zu einem
Riesenbau, Altäre zu einem Dichtertempel
hätte geben können — und doch sind es nur
trauernde Leichensteine, auf denen mit groĂźen
schwarzen Lettern geschrieben steht: Das
dumpfe Sein hat ihn erstickt, die Liebe hat
ihn vergiftet, die Einsamkeit Hai ihn verzehrt,
Täuschungen haben ihn rücklings erdolcht. So
litt er vielfachen Tod! Der Stern ist knisternd
zerstoben. Man glaube ja nicht, daĂź M^cha
nur eine bloße Koketterie mit dem Malcon»
tentismus eines Byron getrieben habe oder
einer von den zehntausend affectirten Nach'
betern des Weltschmerzes eines Heine gewe.
sen sei. Seine Zerrissenheit voll Wehmuth
und RĂĽhrung bricht aus den klagenden Tiefen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Band 16
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Londonia-Marlow
- Band
- 16
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1867
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon