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gend empfohlener Vorsichtsmaßregeln —
der Feind ganz unverhofft im Rücken der
Armee erschien, Verwirrung und Nnord
nung in die Reihen des in tiefer Ruhe
liegenden Heeres brachte und den nacht
lichen Rückzug nach Ulm unausweichlich
gebot. Vor Ulm wurden am 40. October
die sehr erschöpften Truppen wieder ge>
ordnet und Tags darauf von Marschall
N ey angegriffen, dieser aber mit bedeu
tendem Verluste zurückgeschlagen. Am
13. October fand der Abzug von lllm
Statt. I n Ulm selbst blieb nur noch ein
einziges Armeecorps zurück. Eine Abthei-
lung desselben war jenseits der Donau
aufgestellt, sollte sich aber in der Nacht
wieder über die Donau zurückziehen und
dann gegen Mittag nach dem Abkochen
den nach Heidenheim abgerückten Trup«
pen folgen. Mit ihr zugleich sollte das
Hauptquartier Ulm verlassen. Ueber die
Bestimmung dieses letzten Corps wurde
jedoch Mack Nachmittags ganz unver«
muthet in Zweifel gesetzt. Er hatte näm»
lich von dem General-Landes'Commifsar
Baron Steinheer im letzten Augen-
blicke vor der Abreise nach Heidenheim
die Nachricht erhalten: es waren an
einem Tage sechs Couriere an Napo-
leon durch Stuttgart gekommen und sei
dort die Nachricht verbreitet worden, daß
die Engländer bei Boulogne gelandet
seien. Da erinnerte sich Mack an die
feierlichen Verheißungen des englischen
Ministeriums : daß der Abzug der fran«
zösischen Armee von Boulogne allsogleich
zu einer Landung benützt werden würde,
wozu die an den englischen Küsten wegen
der lange angedrohten französischen 3an-
düng aufgehäuften ungeheuren Mittel
alle Möglichkeit darboten. Dazu kam
noch sein fester Glaube an Preußens be<
reits erfolgte Kriegserklärung und die
baldige Erscheinung seines Heeres im Felde. So stellte sich ihm die Nothwen-
digkeit dar. das noch zu Ulm befindliche
Corps nicht abziehen zu lassen, sondern
mit demselben den wieder hergestellten
Platz zu vertheidigen, wo sich der Feind
mittlerweile, bis er durch Entsendungen
die Ruhe in seinem Innern wieder her«
gestellt haben würde, festzusetzen die Ab»
sicht haben könnte. Diese Absicht wurde
Abends durch zwei der bedeutendsten Ge-
nerale, welche nicht, wie Mack, von jenen
Hoffnungen auf England und Preußen
durchdrungen waren, so heftig bestritten,
daß der Feldmarschall-Lieutenant wahr»
scheinlich doch am folgenden Tage den
auf 11 Uhr Vormittags bestimmten Ab»
zug zugegeben haben würde, wenn nicht
ein neues entscheidend unglückliches Er«
eigniß eingetreten wäre. Es kamen nam»
lich schon um 8 Uhr Morgens die Trüm»
mer des an die Donau entsendeten Ar-
meecorps in eiligster Flucht, nach Ulm
zurück. Diese Truppen waren unvorbe.
reitet und plötzlich durch einen überlege»
nen Feind angegriffen und beinahe auf-
gelöst worden. Nun war die Straße nach
Heidenheim auch schon in der Gewalt
des Feindes. Mack wurde nun umso»
mehr in dem Glauben bestärkt, den ferne«
ren Abzug einstellen zu muffen, weil ihm
dieser, ohne augenscheinliche Gefahr in
den Platz zurückgeworfen zu werden, gar
nicht mehr ausführbar erschien. Er hielt
die Vertheidigung von Ulm für möglich
und der allgemeinen Sache höchst vor-
theilhaft. Die Vertheidigung von einigen
Wochen führte zur Wahrscheinlichkeit,
daß durch Annäherung des zweiten sehr
bedeutenden russischen HilfsHeeres und
durch eine eigene noch in der Errichtung
begriffene Reserve«Armee. alles Unglück
abgewendet und auch Preußen mittler»
weile zum Beitritte bewogen sein würde.
Das gleich darauf erfolgte in der k. k.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Band 16
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Londonia-Marlow
- Band
- 16
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1867
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon