Seite - 236 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Londonia-Marlow, Band 16
Bild der Seite - 236 -
Text der Seite - 236 -
Madaräß 236 Madaraß
vonKossuth wieder eingeführt wurde.
I n seiner Polizeiverwalwng entwickelte
Madar^ß eine Härte und Ruchlosig-
keit ohne Gleichen. Hätte er können, so
hätte er alle Verdächtigen ohne weiters
hinrichten lassen. Sein Verfahren war so
gravirt. daß selbst die Männer der Revo-
lution keinen Anstand nahmen, seinen
Namen an den Schandpfahl zu scklagen
und Schimpf und Spott auf ihn zu
schleudern. Der Verdacht des Diebstahls,
der am Eigenthum des gemordeten Gra»
fen Eugen Zichy begangen worden,
lastet noch immer auf ihm. Nachdem
der Graf standrechtlich war Hingerich'
tet worden. hatte G ö r g e y dessen
Pratiosen, Geld und Werthsachen ver-
packt und an die Regierung nach Pesth
geschickt. Diese hatte den Schatz in Pesth
inventarisiren, in Kisten packen und ver«
siegeln lassen. Bei der Uebersiedelung nack
Debreczin hatte Madaräß die Kisten
unter seine Obhut genommen. Bei dieser
Gelegenheit wurden die Siegel verletzt,
die Kisten erbrochen und die Pratiosen
gestohlen. Daß Madaräß der Dieb
war. steht fest. I n einer Parlamentssitzung
erschien er auffallend glänzend: die
Knöpfe am Kleide Diamanten, die Na«
deln an der Cravate. die Ringe an den
Fingern durchwegs Brillanten und außer-
dem noch Ketten und sonstiges Geschmeide.
Ein Murren ging durch den ganzen Saal.
Der Verdacht war bald geschöpft. Nyary
begann den Angriff und Iosipovich
M . X, S. 279), ein Mann. der keine
Umstände machte und der oft Personen
und Dinge mit dem wahren Namen zu
bezeichnen pflegte, nannte ihn in offener
Parlamentssitzung einen gemeinen Dieb.
Es wurde nun die Revision der Kisten
angeordnet und man fand dieselben erbro»
chen. An dem kostbaren Schmucke von
Rudol f i und Wagner in Paris, der an 30.000 fl. gekostet, fehlten ganze Theile,
ebenso der kostbare Reiher s^or^ö) mit
Smaragden, Rubinen und Perlen. Aus
den übrigen Theilen waren die theuern
Edelsteine Herausgeriffen, das Email zer.
stört, die Glieder zerrissen. Ein gleiches
Los hatte der Turquoisenschmuck, der
seinem unglücklichen Besitzer in England
bei der Krönung der Königin Victoria
den Namen 1e prinoL ^ur^uoise erwor.
ben hatte. Ein Chrysolithenschmuck war
ebenso übel zugerichtet. Dosen von 3a.
brador, Amethyst, Achat waren zerschla«
gen. um das Goldfutter oder die Fassung
zu erhalten. Kaffeelöffel. Bernsteinmund-
stücke, silberne und goldene Dosen waren
spurlos verschwunden. Einige der ent-
wendeten Prätioscn waren durch Messing
und anderen Flitter ersetzt, um die Lücke
weniger auffallend zu machen. So fand
man in einer Kassette von 30 Ringen
30 falsch, ein Dutzend Nadeln in einem
mit dem Staatswappen versehenen Pack«
chen war zwar vollzählig, doch wunder«
barer Weise von Tomback mit böhmi«
fchen Steinen. Diese gerichtliche Revision
geschah durch eine eigene Inventurscom«
Mission und in dem diesfälligen Berichte
heißt es, „daß wohl zu den Nachlässig«
keits» und Ordnungsfehlern sich auch ein
schimpfliches Attentat gesellte, daß näm-
lich einige von den in Rede siebenden
Fahrnissen entwendet wurden." Be-
merkenswerth ist dabei ein Umstand, dessen
Levitschnigg gedenkt. Graf Eugen
Zichy hatte vor Jahren dem M adaräß
in's Gesicht gesagt, er sei ein Dieb und
gehöre daher an den Galgen. Der Graf
ward von den Revolutionären gehenkt
und Madaräß wurde an dem Gemor-
deten wirklich zum Dieb. Und nach der.
selben Sitzung, in welcher Madaraß
öffentlich als gemeiner Dieb gebrand»
markt worden, begleiteten Kossuth's
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Band 16
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Londonia-Marlow
- Band
- 16
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1867
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon