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und der Vater beschäftigte sich neben
der Feldarbeit auch mit Bildschnitzen,
eine Beschäftigung, in welcher die Gröd»
ner — und der Ort Ueberwasser gehört
zu Gröden — eine besondere Geschicklich,
keit beurkunden. Jedoch verfertigen sie
ihre Arbeiten ganz handwerksmäßig, und
obgleich ihnen von Seite der Regierung
ein Lehrer der Bildhauerkunst bestellt
wurde, ist doch von einem künstlerischen
Auffassen bei diesen Arbeiten wenig zu
sehen. So erhielt auch M. von seinem
Vater Unterricht im rohen Bildschnitzen, in
der Dorfschule auf das Nothdürftigste im
Lesen und Schreiben. Aber sein ange-
borner Kunstsinn war von den Proben,
die ihm sein Vater gab, wenig befriedigt,
er sah sich weiter um und hielt Umschau
bei anderen Schnitzern. Als der Vater,
ein sonst verständiger Bauer. dieß
merkte, führte er den Knaben selbst zu
einem Schnitzer, der in besonderem Rufe
von Geschicklichkeit stand, und bci diesem
machte M. ganz gute Fortschritte, schnitzte
bald allerlei Gegenstände, Heiligenbil«
der, mythologische Figuren u. dgl. m..
die. weil sie sauber gearbeitet waren und
sich von den anderen Schnitzereien sehr
vortheilhaft unterschieden, bald Käufer
fanden. So brachte M. eine kleine
Summe zusammen, für welche er sich
gute Werkzeuge und mehrere Kupfer«
stiche anschaffte. Nach letzteren übte er
sich in seinen Mußestunden und an
Sonn« und Feiertagen im Zeichnen.
Mit der sich steigernden Fertigkeit im
Schnitzen, wuchs im Knaben auch der
Drang, andere Kunstwerke zu sehen, und
um sein Verlangen zu erfüllen, ergriff
er einen eigenen Weg. Als nämlich im
Jahre 1809 die allgemeine Bewaffnung
im Lande erfolgte, trat der damals
16jährige Junge an seines Vaters Stelle
ili die Reihen der bewaffneten Landleute und, wo er unter Weges hinkam, be>
suchte er die Kirchen und Capellen, be-
trachtete genau die Statuen und Schnitz«
werke der Altare und mit besonderem
Entzücken die Kunstwerke der Kirche
zum heil. Kreuz in Innsbruck. Als der
Landsturm wieder aufgelöst ward und
Alles zu den Seinen heimkehrte, ging
auch M. nach Hause, schnitzte fort wie
bisher, aber die Wanderlust war in ihm
lebendig geblieben und so ergriff er denn
die nächste Gelegenheit, sie zu befriedigen,
indem er sich einem wandernden Bilder-
Händler zu Diensten anbot, die dieser
auch annahm. Dieser Händler, ein
hausirender Schwarzwälder. machte oft
in Gröden große Ankaufe von Schnitze-
reien, namentlich von Kinderspielzeug,
und wanderte damit nach Frankreich,
wo er eS gut absetzte. An diesen hatte
sich M. als Diener verdingt, und mit ihm
durchzog er nun die Länder und Gegew
den, die ihm genug Gelegenheit boten,
seine Schaulust zu befriedigen. I n den
freien Stunden überdieß schnitzte er
fleißig, verkaufte dann die Arbeit und
sparte allmalig eine Summe zusammen,
die ihn in den Stand setzte, seinen bis«
herigen Dienst aufzugeben. I n Lyon
trennte er sich von seinem Herrn, ging
nun nach Paris, miethete ein kleines
Zimmer und schnitzte Heiligenbilder, die
ihm so viel einbrachten, daß er leben
und dabei doch auf seine Fortbildung
bedacht sein konnte. Nach vier Monaten
verließ er PariS und begab sich nach
3e Mans in der Normandie, wo er einen
Landsmann als Bildhauer fand, der
zwar kein fchulgerechter Künstler war,
aber doch für Kirchen der Umgebung
viel zu arbeiten hatte. Bei dem trat M.
als Gehilfe ein, fand nun Gelegenheit
mehr im Großen zu arbeiten und zu
modelliren, und erregte bald die Auf»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Band 16
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Londonia-Marlow
- Band
- 16
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1867
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon