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losen politischen Bestrebungen K o ssuth's
und seiner Anhanger mit Entschiedenheit
entgegengetreten. Mit dem kurzweg „der
große Ungar" bezeichneten Stephan
Grafen Szöch6Nyi vereint, arbeitete
er rastlos an der Hebung der materiel-
len Interessen Ungarns, wobei er jedoch
erklärte, daß sein Volk noch lernen und
nachholen müfse, was eS im Laufe der
Jahrhunderte versäumt, um sich auf der
geistigen Arena mit anderen Nationen
messen zu können. Von den Wogen der
achtundvierziger Revolution wurde M.
so gut weggespielt wie andere seiner
tüchtigen und einsichtsvollen GesmnungS»
genoffen. Während der Bach. Thun«
schen Periode lebte M. zurückgezogen
von dem öffentlichen 3eben ausschließlich
seinem volkswirthschaftlichen. politischen
und literarischen Studien, immer aber.
wenn sich ihm Gelegenheit darbot, für
die Geltung der ungarischen Gesetze ein«
zustehen, war er an seinem Platze; so
unterschrieb er im Jahre 1851 die Denk-
schrift der Vierundzwanzig und im Jahre
1837 die an Se. Majestät übergebene
'Bittschrift mit hundertfünfzig Unrersckrif»
ten. Im Jahre 1860 wurde er in den
österreichischen verstärkten Reichsrath be«
rufen und zählte mit Bartoczy in
demselben und mit dem Grafen Szs»
csen. Baron Vay. damaligem k. unga»
rischen Hofkanzler und dem Fürst Primas
ScitovSzky außerhalb zu den Ehefs
der ungarischen Bewegung, die alsbald
nach dem italienischen Kriege im Jahre
1859 bestimmte Formen angenommen
hacte. Im Reichsrathe selbst war M.
einer der bedeutendsten und hervor»
ragendstell Erscheinungen. Im Gegen»
satze zu dem Grafen Barkoczy, der
immer nur mit Keulen dreinschiug, alles
niederdonnerte und keinen Pardon gab.
gebrauchte M. in feiner angemessener Form den Fleuret, mehr elegischer Natur,
sprach er liebevoll ermahnend und suchte
überall zu überzeugen. Am 20. October
desselben Jahres wurde M. zum Taver«
nicus und geheimen Rath ernannt. Im
Landtage 1861 war eS er, und zwar der
Einzige, der den Muth^besaß. der wogen«
den Strömung
sich entgegen zu stellen und
seine Ueberzeugung mannhaft auSzu«
sprechen. I n seiner Anficht über das
Verhältniß des Octoberdiploms und Fe«
bruarvatentes zueinander, klang es deut-
lich heraus, daß er kein Gegner freiheit»
licher Entwickelung auch der Völker dieS»
seits der Ieitha sei. Dabei legte er. und es ist
dieß im Munde deS Ungarn von großer
Wichtigkeit, den vollen Accent auf die
Reichseinheit und blieb dabeistehen,
daß diese um jeden Preis erhalten bleiben
müsse. Mit Allerh. Handbillet vom
26. Juni 1863 wurde M. an deS Grafen
Forgäch Md. XI, S. 407; Bd. XIV,
S. 451^ Stelle zum ungarischen Hofkanz-
ler ernannt. Sein Programm wurde bald
darauf in der „Neuen freien Presse" (4863,
Nr. 317) mitgetheilt und beleuchtet. Er
hatte dasselbe bereits in der Rede, welche
er in der Sitzung des verstärkten österrei«
chischen ReichsratheS am 27. September
1860 in seiner Vertheidigung deS Majo-
ntatsgutachtenS gegenüber von H e i n
>M. VI I I , S. 213, und Bd. XI ,
S. 429) und LichtenfelS M . XV,
S. 79^ gehalten, kur; zusammengefaßt.
„Das Vaterland, sagt M., läßt sich nun
einmal nicht decretiren. es muß geworden
sein. eS kann nicht geschaffen werden;
abgesehen von dem uatälo golaiQ, dessen
unverkennbarer Zauber schon der römi«
sche Dichter mit so warmer Farbe ge«
schildert hat, kann die Geschichte deS
Landes, können die Institutionen Sitten
und Gebräuche, mit einem Worte der
Complex seiner geistigen und materiellen
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Band 16
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Londonia-Marlow
- Band
- 16
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1867
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon