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außerordentlichen Gedächtnisses. Lange
vor Reventlow und seinen vielen
Schülern bis zu Kothe, welche die
Mnemonik des griechischen Simonides
wieder als Wissenschaft zu behandeln
anfingen, wurde M. seiner nmemonischen
Künste wegen in den Kreisen, in welchen
er verkehrte, angestaunt. So merkte er
sich 200 Würfe zweier Würfel, konnte
fie vor» und rückwärts hersagen, und auf
Verlangen die Zahl des so und so dielten
Wurfes nennen; ein kurzes Gedicht
recitirte er nach einmaligem Hören, und
dann von der letzten Zeile beginnend,
bis zur Ersten hinauf. Eine ganz köst-
liche Geschichte, die sich im Salon der
Fürstin Melanie Metternich zuge»
tragen, und in welcher Maj läth 's
wunderbares Gedächtniß die Hauptrolle
spielte, erzählt die Bau er le'sche „Thea-
ter.Zeitung" 4835. S. 70, nebstoem leben
im Kreise seiner Freunde und Bekannten
noch viele Züge und Anekdoten, welche
seine mnemonische Virtuosität zum Ge<
genstande haben. Die Gesetze, nach
denen sein Gedächtniß verfuhr, legte er
in einem eigenen Werke, in seiner
„Mnemonik" nieder. WaS seine Persön-
lichkeit betrifft, so war sie eine anspruchs-
los liebenswürdige. Seine Gestalt war
klein, schmachtig, das bleiche schmale
Antlitz war von einem vollen blonden
Barte, sein kleines Haupt von spärlichen
schlichten Haaren umgeben. Sein Organ
hatte keinen tiefen Klang. Man hörte
ihm gerne zu, wenn er sprach, er wußte,
ohne pedantisch zu werden, auS Ge«
schichte und Leben immer ein Anregen»
des, ein Unterhaltendes zu erzählen. Er
hatte nichts von dem ausschließenden
oft verletzenden Wesen, das den Kreisen,
denen er angehörte, eigen zu sein pflegt.
Er liebte es > einfach und natürlich, wie
er selbst war, wenn man ihm ebenso be- gegnete. Man fühlte eS ihm an. daß er
vorzüglich den Schriftsteller in fich ange-
sprocken und geehrt wissen wollte. Als er
einmal einem Bekannten in einer Wiener
Buchhandlung begegnete, klagte er über
die Ungerechtigkeit der Natur, die eS nicht
so eingerichtet hat, daß man gleichzeitig
zwei Bücher, mit jedem Auge ein Ande»
res, lesen könne, wie man denn doch mit
zwei Ohren hören könne. „Mit beiden
Händen gleichzeitig zwei verschiedene
Briefe schreiben, habe ich erlernt. Mit
den Augen — doch ich darf nicht undank-
bar gegen den Herrn, meinen Schöpfer
sein! — Er gab mir nach dreijähriger
Erblindung das Licht deS Himmels wie-
der und im doppelten Sinne das Licht.
Ohne mein dunkles Unglück, ich wäre
kein lichter Mensch geworden". Die von
M< herausgegebenen Schriften sind in
chronologischer Folge: „Oülarzaer Ondrx
altdeutscher Gedichte" (Pesth 1817), diesen
Codex gab M. in Gemeinschaft mit
Johann Paul Köff inger M . XII ,
S. 208 im Textes heraus; — „AltdeotZche
auserlesene Gedichte, nendentsch bearbeitet uan
Ich. Gral ». Majln'th" (Stuttgart 1819,
Cotta, gr. 8".); — „Gedichte" (Wien
1824. Tendler. 16".); — „Maurische
Zagen nnd Märchen" (Brunn 1825, Traß.
ler, 12".); 2. Austage. 2 Bande (Stutt-
gart und Tübingen 1837. Cotta. 8«.);
— „Geschichte der Magyaren". 3 Bände
jien 1828-4830. Tendler, gr. 8<>.,
mit Plan u. Kart., zweite sehr verm. und
verbesserte Auflage Regensburg 1852,
Manz);— „Himtq's auserlesene AebeZlieder
nbenetzt" (Pesth 1829. Wigand. 2. Aust.
1831. 16".). es smd Alexander Kis-
faludy'S Liebesgedichte, der deutschen
Uebeisetzung Majläth's steht das un-
garische Original zur Seite; — Kleber
die K?5nnug der Könige von Nngarn" (Wien
1830, Tendler, gr. 8".), den geschicht»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Band 16
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Londonia-Marlow
- Band
- 16
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1867
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon