Seite - 374 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Londonia-Marlow, Band 16
Bild der Seite - 374 -
Text der Seite - 374 -
374 Manin
Man in, ohne ein Abkömmling des
berühmten letzten Dogen Venedigs.
Manin, zu sein. führt denselben Namen
in Folge einer Sitte, welche in der Re°
publik Venedig zu ihrer Zeit herrschend
war. Wenn nämlich in Venedig ein
Israelit zur katholischen Kirche übertrat,
wählte er stch den Taufpathen aus den
hohen Geschlechtern des adelstolzen Frei-
staates. von denen in solchem Falle nie
eine Zusage verweigert wurde. Der neue
Täufling führte dann statt seines früheren
Familiennamens den neuen der edlen
Paihenfamilie, wie im alten Rom der
Sclave, dem sein Gebieter die Freiheit
schenkte, als Freigelassener die Namen
seines früheren Herrn annahm, ihnen
aber auch seinen eigentlichen Sclaven«
namen anschloß. Manin's Großvater
Samuel Medina wurde am 3. April
1739 getauft, sein Taufpathe war der
Patrizier Ludwig Manin. Medina's,
nun Manin's Enkel Daniel Manin ,
der jüngste Präsident der Republik
Venedig, ist demnach von israelitischer
Abstammung, und steht in gar keiner
Verwandtschaft mit der Familie des
letzten Dogen von Venedig. Manin.
Da Daniel's Lebenslauf bis zum
Jahre 4848 in die Periode der österrei-
chischen Verwaltung fällt, so wird in
diesem Werke derselbe, jedoch nur in den
äußersten Umrissen, mitgetheilt und da«
gegen auf die reicken Quellen gewiesen,
welche Ausführlicheres über ihn mthal»
ten. Manin's Vater war Advocat. aber
so arm, daß, als er starb, die Familie der
Grafen Alg orott i .Corniani für sein
Begräbniß sorgen mußte. Daniel's
Vater war ein entschiedener Republikaner
und er wie sein Lehrer Foramit i ftöß.^
ten dem Knaben neben republikanischen
Grundsätzen Haß gegen Napoleon,
Frankreich und Oesterreich ein. Mit allem Eifer warf sichDaniel- auf die Studien;
Philosophie, Rechtswissenschaft, Politik
beschäftigten ihn unaufhörlich und erst
17 Jahre alt. war er bereits auf der Pa.
duaner Hochschule zum Doctor der Rechte
promovirt worden. Aber vor vollendeter
Großjährigkeit war ihm die Laufbahn in
der Oeffentlichkeit verschlossen. Er übte
sich nun in der Beredsamkeit, und darin
war sein Vater, der selbst mit großer
Gewandtheit und mit Erfolg das Wort
führte, sein Vorbild. Einundzwanzig
Jahre alt, verheirathete er sich. Im Jahre
1830 machte er sich in Mestre, einer in
unmittelbarer Nähe von Venedig befind-
lichen Ortschaft, als Advocat ansaßig.
Dort lebte er zurückgezogen, mit einem klei-
nen Kreise von gleichgesinntm Freunden»
wieZanetti. Minot to. DichterTom»
maseo u. A., einen innigeren Verkehr
unterhaltend. Der Aufstand in Bologna
im Jahre 4831 riß ihn zuerst aus seiner
politischen Unthätigkeit. Er verfaßte eine
Proclamation, in welcher er daS Volk
offen zur Revolution aufrief. Der Auf'
stand, wie bekannt, wurde unterdrückt,
Manin zog sich wieder in seine Einsam«
keit zurück, in der er mehrere Jahre
beharrte, als er aber aus derselben her-
vortrat, sich an allen das öffentliche
Gemeinwohl betreffenden Verhandlun-
gen, mochten sie politischer, socialer oder
rein materieller Natur sein. mit einer
Lebendigkeit, ja nicht selten mit einer
Heftigkeit betheiligte, die oft alle Grenzen
überschritt und immer in die zügellosesten,
gewöhnlich durch nichts begründbaren
Klagen gegen die Regierung gipfelten.
In einer so aufregenden Weise trat er
namentlich im Jahre 1838 öffentlich und
selbst in der Presse auf. als das Project
einer Eisenbahnverbindung zwischen Ve>
nedig und Mailand zur Sprache kam.
Er bildete damals die sogenannte „ita--
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Londonia-Marlow, Band 16
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Londonia-Marlow
- Band
- 16
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1867
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon