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Martinovics Martinovics
Anderen Nachrichten zufolge war M.
in seiner Jugend Franziskaner, verließ
aber, als Kaiser Joseph die Neformen
im Klosterwesen im Kaiserstaate durch
führte, das Kloster und widmete sich dem
Lehramte, aus dem er in verschiedenen
Fächern an Lehranstalten in Ungarn und
Galizien verwendet wurde. Nach Ande
ren wieder hatte er noch als Mönch das
Lehramt ausgeübt und wäre von seinen
Oberen nach Lemberg geschickt worden,
um an der dortigen Hochschule Physik und
Mechanik vorzutragen. Es ist bekannt,
mit wie wenig Erfolg Joseph's I I .
Reformen in Ungarn, welche die Tendenz
zur Germanifirung offen zur Schau
trugen, aufgenommen wurden. War seine
große Mutter, die Kaiserin Mar ia
Theresia, welche die Großthaten der
Ungarn und Croaten in den Tagen
ihrer Bedrangniß treu im Gedächtniß
behielt, gleichfalls sorgfältig darauf be»
dacht, die starre Abgesondertheit des
Magyarenvolkes zu bannen und dieses
in seinem Kern so edle Volk durch zweck»
mäßige und zugleich möglichst schonende
Vermischung mit den übrigen Stämmen
der Monarchie dauernd glücklich zu
machen, so ging sie doch dabei mit aller
Umsicht und Bedächtigkeit vor, von der
leider ihr Nachfolger nur zu häusig ab»
wich und dadurch seine besten Absichten,
ehe sie sich noch zu verwirklichen began-
nen, vereitelt sehen mußte. Durch Gna»
denbezeugungen, welche sie den verdien-
ten Streitern zu Theil werden ließ,
weckte sie den Ehrgeiz des stolzen VolkeS. !
die einflußreichsten Magnaten zog sie an!
ihren Hof und diese nahmen nun in >
Wien dauernd ihren Aufenthalt, und
viele mit Familien des übrigen öster.
reichischen Adels geschlossene Ehen rissen
allmalig die Scheidewand nieder, welche
den ungarischen Adel vom übrigen Adel der Monarchie geschieden hatte. Io»
seph's m aller Haft und wenig för-
dernder Eile eingeführte Reformen brach«
ten aber gerade die entgegengesetzte
Wirkung, als er bezweckte, hervor. Aner«
kannte man die großen Absichten des
Monarchen, welche auö hinein Toleranz»
edicte, aus der Aufhebung der Leibeigen»
schaft und der Verbesserung der Gesetz,
gebung in ihren übrigen Theilen nur zu
deutlich sprachen, so hatte doch die despo»
tische Form gegen ein an seiner Verfassung
mit zäher Treue haltendes Volk. ferner
der Umstand, daß man diese Neuerungen
ohne Beirath der Landestafel in einer
dem alten Herkommen des Königreichs so
wenig entsprechenden Weise durchführe,
dasselbe schwer verletzt. Am tiefßen-
berührte die Verordnung des Baisers,.
durch welche die deutsche Sprache als
Geschäftssprache allgemein ' eingeführt
wurde. Durch diese Maßregel- wurde die,
Opposition am mächtigsten geweckt, und
in der That brachte sie die entgegenge«
setzte Wirkung hervor, denn'gerade seit
dieser Zeit wurde die bis dahin ziemlich
unausgebildete ungarische Sprache von
den Magyaren so eifrig betrieben, daß sie
in unseren Tagen in ofsicieller und wissen«
schaftlicker Hinsicht bedeutende Arbeiten
und völlige Festigung aufzuweisen h.it.
Nun widerrief wohl Joseph selbst in
seinen letzten Lebenstagen (am 28. Jän-
ner 4?9O, also drei Wochen vor seinem
Heimgange) alle diese Verfügungen und
sein Nachfolger Leopold I I . trachtete
dlirch entsprechende Verfügungen die
Aufregung, die im Lande herrschte, zu
stillen, aber die Bewegung des repu»
blikanischen Frankreich. die wie ein
Brand sich immer weiter und weiter
ausdehnte, hatte auch Ungarn erfaßt,
die dahin ausgesendeten Emissäre fanden
hie und da vorbereiteten Boden, der auf»
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Maroevic-Meszlenn, Band 17
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Maroevic-Meszlenn
- Band
- 17
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1867
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 506
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon