Seite - 32 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Metastasio-Molitor, Band 18
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Metternich 32 Metternich
Zukunft bleibt es einstweilen vorbehalten,
den Schleier von dem zu lüften, was M.
in den Jahren 1827—1829 zur Ver-
eitelung russischer Pläne gethan. Da
brach die Iuli-Revolution deS Jahres
-1330 aus und versetzte den Staatsmann
in nicht geringe Bestürzung. Die Maxime
des „Königthums von Gottes Gnaden"
war über Nacht über den Haufen ge»
worfen, und in die eines „Königthums
von Volkes Gnaden" verwandelt wor>
den. Das Ereigniß ließ sich drohend
genug an und schien die Arbeit eines
ganzen Lebens mit einem Male in Frage
zu stellen. Es ist bekannt, daß dieses
Ereigniß den Staatsmann bei weitem
besorgter machte, als irgend ein anderes
oft drohenderes der früheren Zcit. So
wenig der neue König als Bürgerkönig,
als ein aus der Wahl des Volkes her-
vorgegangener Fürst, im Ganzen nach
seinem Geschmacke war, so beeilte er sich
doch, nicht nur mit seiner Anerkennung,
sondern war nach dieser Seite hin auch
an anderen Höfen thätig. Kaum aber
war dieser erste Schrecken vorüber, als
die Gährung in Deutschland einen immer
drohenderen Charakter annahm, und der
Iuli-Revolution drei andere Erhebungen,
in Belgien, Polen und Italien, so zu
sagen auf dem Fuße folgten. War auch
der Fürst bereit, alle drei im Keime zu
ersticken, so fand er Widerstand, Frank-
reich erklärte sich nämlich bereit, Belgien
zu schützen, und bewies es auch durch die
That, indem es den Prinzen von Ora<
nien verwarf, während England, ohne
Einsprache zu erheben, es geschehen ließ.
Unter solchen Umständen schien dem
Staatskanzler irgend eine Einmischung
in die belgische Frage wenig räthlich, er
kam zu dem Entschlüsse, das Kleinere
fallen zu laffen, um das Größere zu
retten, und so ging er denn über die Angelegenheiten Belgiens hinweg, um
sich mit der ihm näheren und wichtigeren
Polens und Italiens zu beschäftigen.
Die polnische Revolution, für welche
überdieß die Sympathien ganz Europa's
unverholen sich auSsprachen, machte dem
Staatsmanne große Sorge, sie war ihm
dreifach widerwärtig, als Revolution an
und für sich, ferner weil er um Galizien
besorgt ward, und endlich, weil dadurch
Nußland zum Kampfe und endlich auch
zum Siege kam, dessen Ergebniß doch
nur wieder eine Vergrößerung der Macht
Nußlands war. Wenn Metternich
Frankreich wenig zugethan war von
wegen der Principien, für die dasselbe
immer in den Kampf ging, nicht ge-
ringere Unruhe fühlte er über Nußland,
dessen Ideen einer allgemeinen Herrschaft
über die slavischen Völker immmer deut<
licher durchschimmerten. Für Polen in
diesem Kampfe einzustehen, widerstrebte
ebenso seinen politischen Ansichten, als
er sich das gewaltige Rußland als einen
etwas heiklichen Nachbar nicht auf den
Hals jagen wollte; so ließ er es denn
geschehen, daß der Czar Polen vernich.
tete, und wendete seine ganze Aufmerk,
samkeit den italienischen Angelegenheiten
zu, die bei den engen Verwandtschafts»
banden den meisten Fürsten Italiens mit
dem Hause Oesterreich in der That für
den Augenblick die wichtigsten waren.
Im Römischen hatte die Erhebung statt»
gefunden, und diese konnte sich über die
Lombardie und Venedig hinaus ausdeh-
nen. Es galt also, den Aufstand im Keime
zu ersticken, ehe Frankreich, das lange noch
nicht beschwichtigt und in dem gährenden
Zustande, in welchem es sich befand, stets
bereit war. wo es Revolution gab,
Partei zu nehmen, sich in die Angelegen-
heit zu mischen den Entschluß faßte. Das
Ministerium Laf i t te, welches damals
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Metastasio-Molitor, Band 18
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Metastasio-Molitor
- Band
- 18
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1868
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 522
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon