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Metternich Mtternich
auf Tafel XXXI, Nr. 264, auf Tafel XXXII,
Nr. 263—271 u. 273. und auf Tafel XXX I " ,
Nr. 272 u. 274, enthalten.)
IV. Zur Charakteristik des Staatsmannes Met-
ternich. Unbefangener als die deutschen Histo-
riker, welche bald in Preußens Verhimme»
lung aufgehen und für alles Weh, das der
Weltgeist über die Völker brachte, den Für»
sten Metternich verantwortlich machen,
oder abcr aus Princip Alles, was aus
Oesterreich kommt, schlecht finden, ruhiger,
besonnener, nüchterner sind die Engländer
in ihren Urtheilen über die Staatsmänner
fremder Länder. Das März' und Februar»
heft von Fraser's 2Ia,38,2wo, 1844, enthält
eine ausführliche Lebensskizze des Fürsten
Metternich und schließt dieselbe mit fol»
gender Charakteristik: „Groß als Minister,
Diplomat und Staatsmann, bewunderungs»
würdig in Wien, kalt und gemessen zu
Rastatt, bis in die kleinsten Details mit der
neueren Geschichte aller Länder vertraut.
Als Diplomat gewandt, deutlich und be-
stimmt; als Oesterreicher seinen Kaiser schwär»
merisch verehrend; als Deutscher nimmer
vergessend, daß Deutschland sein großes
Vaterland ist; leidenschaftlicher Anhänger
der absoluten Monarchie, aufmerksam auf
die Bedürfnisse des Volkes; Feind aller
Revolutionen, gemäßigt, aber entschieden und
bestimmt in seinen Plänen und in deren
Ausführung. Verabscheuend den Krieg, dem
Frieden ergeben, ein Feind „politischer" Frei-
heit, ein Freund der städtischen und Pro»
vinzialrechte, eifriger Katholik, guter Christ,
treuer Unterthan, liebender Gatte, zärtlicher
Vater, ein Mann von physischer Kraft und
von eminenten geistigen Fähigkeiten, ein
treuer Freund, und ein eifriger Streiter für
Recht und Wahrheit. Das ist der Fürst von
Metternich." — Die «Presse" über
Metternich. Unmittelbar nach'dem Tode
des Fürsten widmete ihm dieses Blatt in-
einem Rückblicke auf sein Leben unter ande»
rem folgende Worte: „. . . er hat es, wie
selten Einer, verstanden, Oesterreich im Rathe
der Regierungen Ansehen und entscheidende
Stimme zu verschaffen. Auch eine große
Lehre gibt Met'ternich's Leben, besonders
den Kleinlauten, die sich beugen lassen von
jedem halben Erfolge des Feindes, jedem
anfänglichen Mißgeschick: Metternich sah
Napoleon's I. Glück, aber auch sein Ende.
Er sah, wie der kleine Hut auf der Stange
befestigt war, und alle vorübergehenden Fürsten und Völker Deutschlands sich vor
dem corsischen Geßler beugen mußten; er
sah aber auch, wie dieser kleine Hut, als
Napoleon einst mit Metternich confe»
rirte. zur Erde fiel. Der österreichische Diplo«
mat, stolz wie ein Grand von Spanien, der
er auch wirklich war, bückte sich nicht, um
ihn aufzuheben. Metternich sah Jena und
Austerlitz, er erlebte aber auch Aspern und Leip<
zig! . . . Seine Figur und sein ganzes Wesen
waren ganz dazu geeignet, sich jenen, die sie
einmal gesehen, für immer einzuprägen. Fürst
M. trug völlig das Gepräge dessen. was er
war; er wird in jener Auffassung, wie ihn
der berühmte englische Maler (Lawrence)
dargestellt, typisch bleiben für den Diplo«
maten der ersten Hälfte des neunzehnten
Jahrhunderts. Die hohe feine Gestalt, der
ruhige festgeschlossene Mund, welcher der
Beleg aus Fleisch und Blut war für den
oftgenannten Ausspruch von Metter nich's
ZeitgenossenTalleyrand*); die feine, gebo<
gene, scharfgeschnittene Nase, das unergründ»
liche, etwas matte Auge, das gewöhnlich von
d'.'M halbgeschlossenen Deckel wie einem
wolkengleichen Schleier umzogen war: kurz,
die ganze Bestimmtheit der Gestalt, welche
durch die Grazie der Bewegung anmuthig»
schön gemildert wurde, das war so völlig
das Vild dessen, was Metternich wirklich
war, daß man sich sagte, so und nicht
anders mußte er aussehen. . . . Fürst Met»
ternich, wie sehr ihn auch die großen
Fragen seiner Zeit beschäftigten, wie ernst
ihn die allgemeine Lage oft stimmte, hatte
doch noch immer Zeit und Lust, sein per»
sönliches Leben schön zu gestalten. Er war
in seinen jüngeren Jahren ein großer Gunst«
ling der Damen, und später war sein Haus
stets der Sammelplatz alles dessen, was
sich in Wien durch Schönheit und Geist
auszeichnet. Künstler waren da gern ge,
sehene Gäste, und selten war die öster»
reichische Kunst irgendwo vollständiger re»
präsentirt als in den Albums der Fürstin
Metternich. Wem fällt hier nicht, neben«
bei gesagt, ein, daß Lieutenant Waghorn
die Fürstin für die Idee der Ueberlandspost
dadurch gewann, daß er ihr einen Ast mit
frischen Datteln überreichte? Der Fürst war
noch ein Mann jener Zeit, welche die Be»
deutung des Geistes in ihrem vollen Werthe
*) Der Mensch hat die Sprache erhalten, damit er
seine Gedanken verberge.
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Metastasio-Molitor, Band 18
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Metastasio-Molitor
- Band
- 18
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1868
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 522
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon