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^ Ursula 113 t83 Meyer^ Wolf Ilss
und sich der König im Schmerze über den
Verlust seiner Gattin, die er auf das Zärtlichste
geliebt, nicht zu trösten wußte, war es die
Meyer, die ihn beruhisite, die ihn nun ganz
in ihre Obsorge nahm. ihm alle Pflege ange-
deihen ließ und nicht mehr bis zu seinem
letzten Athemzuge von seiner Seite wich. An
seinem Krankenlager sitzend, ließ sie Niemand
vor, der ihr nicht gefiel, vermittelte die Unter»
schrift deS Königs und förderte die an ihn
gerichteten Bitten. Wenn der König sich schlech»
ter fühlte, so war es die Meyer in, wie ein
Zeitgenusse, der damalige Kanzler von Lithauen,
Albert Nadz iw i l l , beschreibt, die in allen
öffentlichen Geschäften mitwirkte und deren
Erledigung herbeiführte. In Gegenwart der
um das Sterbebett versammelten Höflinge oer»
kündete sie, was die Bestellung der Hofämter
und sonstiger Gnaden betraf, den letzten Willen
deZ sterbenden Königs, und Zalö der König
bereits die Sprache nerloren hatte, bestätigt«.'
er ihre Worte durch Kopfnicken. Ein solches
Ansehen besaß sie und ging dabei, wie der in
den Quellen genannte Viscont i berichtet, mit
so viel Umsicht und Klugheit vor. daß alle auf
sie gezielten Geschosse des Neides an ihr ab«
prallten, und daß Niemand weder bei Leb«
zeiten des Königs und der Königin, noch
.ober nach deren Tode gegen sie auf-
zutreten wagte. König Wlad is law IV.,
den sie selbst aufgezogen und dem sie nicht
minder unentbehrlich war wie vordem seinen
Eltern, beließ sie unverändert in ihrer Stel»
lung, und nur in den öffentlichen Geschäften
hatte sie sich jedes ferneren Antheils entäußert.
In häuslichen und Familienangelegenheiten
aber besaß sie wie vordem unbegrenzte Macht,
und der junge König schrieb, wenn er eben
abwesend war. eigenhändig an sie. und zwar
wöchentlich mindestens einmal, wenn es auch
die Geschäfte nicht gerade erheischten. Wenige
Monate vor ihrem Tode ließ sie sich in Lebens«
große malen, in der Mitte der Kinder Sigis«
mund's I I I . aus erster und zweiter Ehe,
gleichsam als Führcrin und Beschützerin ihrer
Jugend. Auch der Kaiser, der Nachrichten über
seine beiden, an den Polenkönig verheiratheten
Schwestern und ihre Kinder zu hören liebte, hielt
sie hoch in Ehren und stand mit ihr in ununt^
brochenem vertraulichen Briefwechsel; sie als
Vermittlerin zwischen sich und den Geschwistern
ansehend, erhielt er von ihr alle Nachrichten,
welche den königlichen Hof, den König und die
Königin und selbst auch die Staatsgeschäfte
betrafen. Ursula starb in Warschau im Alter von etwa 60 Jahren; ibr Leichnam wurde in
einem der Gemächer des Warschauer Königs»
schlosses mit dem bei Fürstinen üblichen Ge<
prange ausgesetzt, dann wurde sie feierlich be<
stattet. Kronprinz und Kronprinzessin wohnten
der Bestattung bei, zu welcher der Bischof von
Breslau eigens nach Warschau gereist war.
Ihren Angehörigen hinterließ sie nichts, ihr
Vermögen, das in Anbetracht der Stellung,
welche sie eingenommen, bedeutend größer hätte
sein können, verschrieb sie theils zu wohlthä<
tigen Zwecken, theils dem Könige und dem
Kronprinzen. Dominik Magnu szew ski führt
die Gestalt der Meyerin in ihrer ganzen Be»
deutlmq in seinem Werke.- „pi-acs Iitora,ckio",
d, i Literarische Arbeiten (Wien 5848. 8«.).
in der Erzählung.- „Die Rache der Frau Ur>
sula" (?6in5txva I^QQ? Ili'iisrü^) vor. Con»
stantin Majeranowski aber. ein jüngerer
polnischer Poet, machte sie zur Heldin des nach
ihr benannten Drama.- „Ursula Meyerin",
welches zwar noch ungedruckt, aber mit entschie«
dl'nem Beifall auf der Bühne in Krakau dar»
gestellt worden ist.
I^ls?o?lit <^3o?w?»at.^, Kttlao^'o uunL^'u32i6^
apuZto^kT-ck o ?oIZc6, d. i. Berichte der
päpstlichen Gesandten über Polen (Berlin
1364). Bd. I I , S. 2l8 u. f.
146. Mayer, auch Maier. Wolf (jü.
bischer Schulmann, geb. zu Klat tau
in Böhmen im Jahre' 1776, gest. zu
Prag 20. December 1830). Die Ta-
lente, die sich schon in seinem Knaben»
alter kund gaben, waren Ursache, daß M.
für die wissenschaftliche Laufbahn be»
stimmt wurde. Im Alter von dreizehn
Jahren war er im Talmudstudium, das
er mit dem berühmten Domprediger
Veith zugleich machte, einer der Ausge»
zeichnetsten. I n seinen IüngUngsjahren
kam er nach Prag, wo damals Rabbi
Ezxhiel 2and au ^Bd. XIV, S. 68)
als letzter Oberrabbiner Böhmens wirkte,
und genoß dessen Unterricht. Unter 3an«
d a u's Leitung machte M. ausgezeichnete
Fortschritte, da er aber der Fortschritts-
Partei angehörte und aus seiner freism-
nigen Denkungs'art kein Hehl machte,
wurde er von der Zelotenpartei vielfach
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Metastasio-Molitor, Band 18
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Metastasio-Molitor
- Band
- 18
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1868
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 522
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon