Seite - 65 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Nabielak-Odelga, Band 20
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Paul in den ComitatSversammlungen
bemerkbar, dort zündete er durch seine
Rede, wenn er gegen das unverantwort«
liche gewissenlose Treiben der „kleinen
Tyrannen" im Comitate seine Blitze
schleuderte und als feuriger Anwalt des
Volkes die ersten Streiflichter warf auf
die jammervolle Lage der inissra oontri-
Kusus xlok3. Dabei war sein Kampf
für die Selbstftändigkeit der Comitate
gegen die verheerenden Machteingriffe
der Bureaukratie gerichtet. Nagy's Auf.
treten war unter den damaligen Zeitver»
hältniffen — es war in den ersten Jahren
des laufenden Jahrhunderts — ein
Zeichen der Zeit. Die Grundsähe des
Jahres 1789, die anfänglich warme
Vertreter gefunden, warm allmälig einer
Reaction gewichen, welche vereint gegen
jene Principien loSzog und selbst jene, die
einst das Banner der erwähnten Princi»
pien hoch getragen hatten, hatten eS —
ob auS Furcht oder Ueberzeugung, wahr»
scheinlich ersteres — fallen gelassen und
machten okorus mit jenen, die nun in
deren Verfolgung und Ausmerzung ihren
Beruf sahen. I n solcher Umgebung, in
solcher Zeitströmung erhob Nagy seine
Stimme und, wenngleich selbst vom
Adel, hielt er zum Volke, dessen Lasten er
erleichtern, dessen Millionen er von dem
schweren Joche einiger weniger Privile«
girten befreien wollte, was ihm freilich
Zischen und lebhaften Widerspruch ein«
brachte. So kam denn der Reichstag des
Jahres 1807 heran und N. hatte bereits
einen genug starken Anhang gewonnen,
um von den Ständen des Oedenburger
Couutates m denselben gewählt zu wer»
den. Auf diesem Reichstage begründete
Nagy seinen Ruhm als politischer Red«
ner. Er sprach in einer für die an parla»
mentarisches Leben gewöhnte Versamm»
lung neuen überraschenden Weise. Seine
v. Nurzbach, biogr. Lexikon. XX. Stimme, wenngleich durchdringend, war
nicht unangenehm, die Action gefallig
und von allem Erkünstelten frei; wenn
er sprach, bewegungslos dastehend, ließ
er seine Rede nur von dem lebhaft
wechselnden, aber scharf gezeichneten
Ausdrucke seines Gesichtes begleiten.
GrößtentheilS improvifirte er; aber den
Gegenstand, den er behandelte, kannte er
nach allen Seiten, dabei standen ihm
Witz, Humor, eine seltene oratorische'
Schlagfertigkeit zu Gebote, welche bei
der Ruhe, mit der er sprach, den Ein-
druck nur erhöhten. Auch besaß er die
selbst bei bedeutenden Rednern nicht
häufige Eigenschaft, sich von Angriffen
nicht hinreißen zu lassen; bei den größten
Gemüthsbewegungen verletzte er nie den
Anstand und ließ sich nie zu Persönlich»
keiten herab. Ihm war die Sache AlleS,
die Person nichts; Ausfälle, die gegen
ihn gemacht wurden, beachtete er gar
nicht, aber den Gegenstand, den fte mit
ihm zugleich treffen sollten, schützte er mit
der ganzen Wucht feiner Rede. Sin
Gleichniß dürfte dieses seltene Redner«
talent Nagy's am besten verfinnlichen.
„Nagy brauchte', schreibt Bezer6dy,
„nur ein Samenkorn, um durch seine
schöpferische Kraft einen ganzen Baum
wachsen zu lassen und daraus zu allge«
meinem Gebrauche die verschiedensten
Werkzeuge zu verfertigen." Noch Eins
aber ist eS, was seinem Auftreten ein
ganz besonderes Gepräge verleiht. Fest
an der Verfassung haltend, hielt er jedoch
die Nationalität noch höher, und würde
eher eine Verletzung der ersteren als die
allergeringste Beeinträchtigung der letzte«
ren ertragen haben. Eine verlorene Ver«
fassung könne man wieder gewinnen, der'
Verlust der Nationalität aber ist der Tod
der Nation und aus dem Tode ersteht
sie nicht wieder, war seine Ueberzeugung.
20. Jänner 4869.) 8
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Nabielak-Odelga, Band 20
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Nabielak-Odelga
- Band
- 20
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1869
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon