Seite - 68 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Nabielak-Odelga, Band 20
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Nllgy 68 Nagy
ehrlichen Manne schon geschehen. Man
hotte seine begeisterten eindringlichen
Reden, man fühlte ihre volle Wahrheit,
aber wenn eS zu handeln galt, ließ man
ihn im Stiche, und so blieben die Ding
stehen, biS sie morsch, unterwühlt waren
und zuletzt ganz in sich zusammenbrachen.
Auf den Trümmern aber erhob sich dann
eine Partei, die daS Versäumte mit
einem Male nachholen wollte und un<
bekümmert um die Mittel vorwärts
drängte und AlleS mit sich fortriß, nur
den Einen nicht, und dieser Eine war
eben Paul Nagy. Weil er aber mit
diesen rücksichtslos Forthastenden, im
rasenden Eifer Fortstürmenden nicht
Schritt halten wollte, so schalt man
ihn einen Apostaten der Freiheit und
warf ihm Farbenwechsel in der Poli>
tik vor. Paul Nagy aber hatte nie
Farbe gewechselt, er war immer derselbe
freie Mann geblieben, der er seit jeher
gewesen; er trug noch die alte Farbe
wie ehedem, aber die Beleuchtung, die
ihn umgab, war eine andere, war greller
geworden; das Augenglas, durch daS
man ihn betrachtete, war ein anderes,
er war der gleiche geblieben. Der Un>
Verschämtheit und Gemeinheit fehlt eS
nie an Stoff zu Verdächtigungen, sie
finden ihn in der Luft, wenn keiner am
Boden zu entdecken ist. I n dem Um«
stände, daß Nagy eben um jene Zeit
Maffacurator des Grafen Franz Pälf fy
geworden, fand man eine Bestätigung
seiner Apostasie. Man hatte vergessen,
daß ihm die Regierung Aemter ange«
tragen, die er abgelehnt, und daß er ja
eher ein angesehener Beamter als Massa-
curator werden konnte, wenn er eS ge»
wollt. Daß ihn Graf Päl f fy zu dieser
Stellung berief, war nichts als ein Act
der Dankbarkeit dafür, daß Nagy gegen
die Curatoren der Pälffy'schen Con« cursmasse seine Stimme erhoben und
gegen die Curatorenwirthschaft sozusagen
sein Veto eingelegt hatte. Nebstdem war
Nagy selbst in sehr günstigen Vermö»
gensumständen und hatte eben zu jener
Zeit sein Gut Bük auf das Vortheil-
hafteste verkauft. Er brauchte also weder
Maffacurator zu werden, noch überhaupt
eine seine Unabhängigkeit gefährdende
Stelle anzunehmen. Aber da half AlleS-
nichts, man schmähte, man verdächtigte
ihn in offenen und anonymen Pamphle»
ten, aber alles ließ ihn unbeirrt, er ging
den Weg, den er sich vorgezeichnet, vor.
warts,- er war freilich für die anderen zu
langsam, aber auch das focht ihn nicht
an, er ließ die anderen laufen, und da»
durch, daß sie ihm vorausgestürmt, wurde
er ihrer ihm nicht angenehmen Gesell»
schaft loS. Noch wirkte er auf den Reichs«
tagen t832 und 4849, immer mehr und
mehr seine Popularität einbüßend, waS
ihn nicht hinderte, als er auf dem letzte-
ren Reichstage kein Mittel sah, durch
welches er zur Schlichtung der Uebel-
stände in Preßburg irgend welchen Er>
folg erzielen konnte, nach Wien zu reisen
und im Vereine mit mehreren anderen
Patrioten seinen ganzen Einfluß zur
Rettung der politischen Verurtheilten
anzuwenden, ohne jedoch diesen sprechen«
den Zug als Widerlegung der vielen in
Umlauf gesetzten Verdächtigungen zu
verwerthen. Seit dem 1840ger Reichs«
tage lebte Nagy zurückgezogen von
allem politischen Treiben, noch den
'chweren Jammer erlebend, der über
ein Volk und Land hereinbrach, aber
nicht mehr die Morgenröthe eines neuen
Ungarn, das aber in seinem Siege
groß und dessen Größe nur dann von
Duuer sein wird, wenn es aus der jüng«
sten Vergangenheit gelernt hat, sich zu
maßigen und nie zu vergessen, daß die
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Nabielak-Odelga, Band 20
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Nabielak-Odelga
- Band
- 20
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1869
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon