Seite - 278 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Nabielak-Odelga, Band 20
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welchen die sämmtlichen von ihr im
Hofburg-Theater gespielten 203 Rot-
len mit goldenen Buchstaben verzeich-
net sind. Am Fuße deS Baumes ist eine
Abbildung des Burgtheaters mit der
Fronte gegen den Michaelerplatz ange«
bracht. Ein ebenso finniges Schreiben
ßichtner's begleitete diese schöne Gabe.
Die zweite ist ein prachtvolles Album,
welches ihr der Fürst CzartorySki
überreichte. I n dem Album ist die Kunst«
lerin in ihren herrlichsten Rollen costume-
artig dargestellt. Das Album, im Atelier
Girardet 'S prachtvoll ausgestattet, ist
vdn großem künstlerischem Werth. Was
die Künstlerin Luise Neumann be»
trifft, so find die Worte Rötscher's.
dieses competenten Dramaturgen, der sie
,die Perle des Hofburg-Theaters" nennt,
die kürzeste und treffendste Charakteristik
dieser Künstlerin ohne Gleichen. Gutz<
kow in seinen vor Jahren erschienenen
und damals viel verpönten „Wiener Ein
drücken" schrieb über sie: ,Sie Leichnet
sich besonders durch die Sauberkeit ihrer
Ausführungen, durch die zierliche Naivi.
tät ihrer Darstellungen aus. Ihr Ton
dringt zum Herzen. Sie ist in ihrer
kleinen erlaubten Gefallsucht von einer
Grazie, die umstrickt und fesselt. Ohne
auf die Empfänglichkeit der Zuschauer
loszusteuern, erobert sie allmalig und um
so siegreicher. Ohne nach grellen Nuan-
cen zu haschen, entwickelt sie stets ein
geistreiches Spiel, eine Fülle klarer Ge-
danken über ihre Rolle/ die sie uns als
wahre Künstlerin erscheinen lassen." Mit
diesen wenigen Worten hat Gutzkow
das übcrlegteste und kälteste, aber auch
das wahrste Urtheil über sie gegeben,
welches freilich an Wärme gewonnen
haben würde, wenn er die Künstlerin in
so vielen Rollen gesehen haben würde,
wie die Wiener. Die Monatschrift für Theater und Musik" schreiben aber voi?
— und wir glauben darin die Worte
des Fürsten Constantin CzartorySki
zu erkennen: „Luise Neumann gehörte
zu jenen Naturen, von welchen die Ver-
achter des Theaters gewöhnlich sagen:
sie ist zu gut für diesen Stand, zu gut,
um sich je darin heimisch zu fühlen; die
auf den Brettern und in den Coulissen
herrschende Gemeinheit nagt beständig
an jedem edleren Keime, und Befreiung
ist's zu nennen, wenn man diesem Trei«
ben den Rücken kehrt. Wir aber wollen
lieber sagen: solche Erscheinungen sind
jedem Stande eine seltene Zierde, be«
dürfen überall der Pstege. Ehre dem
Wirkungskreise, wo diese Pstege einer
solchen Natur zu Theil werden, Ehre
einem Stande, bei welchem eine solche
Natur so schön gedeihen konnte." Wie auf
der Bühne, so auch im Privatleben ist
die N. einfach, wahr, geistreich und be»
zaubernd. Ihre vielseitige Bildung und
Erfahrung, ihr feiner geläuterter Ge«
schmack in Sachen der Kunst und Litera«
tur, die milde Herzensgüte, die fast
aus allen ihren Worten, aus ihrem
ganzen Wesen spricht, vor Allem aber
ihre fesselnde ungezwungene Grazie,
machen den Umgang mit dieser trefflichen
Künstlerin, bei welcher die Liebenswür»
digkeit der Naivität wie zu einer zweiten
Natur geworden ist. zu einem wahrhaft
beneidenswerthen ästhetischen Genusse.
Bald nach ihrem Ausscheiden von der
Bühne, am 44. Jänner 1837. reichte sie
dem Grafen Kar l Schönfeld die
Hand und zog sich mit ihrem Gatten in
die Hauptstadt der Steiermark, Gratz,
zurück, wo sie von Allen, die sie je auf
der Bühne gesehen, unvergessen, ganz
ihrem Gatten in einer glückseligen Haus»
lichkeit lebt.
Wiener Theater-Zeitung, herausg. von
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Nabielak-Odelga, Band 20
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Nabielak-Odelga
- Band
- 20
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1869
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon