Seite - 334 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Nabielak-Odelga, Band 20
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Wrmbsch 334 Miembsch
junger Arzt, Or. Heinrich Meckel aus
Halle, der Sohn des berühmten Meckel
von Hamsbach. erbat sich die Be»
günstigung, die Section vorzunehmen:
Dieser wohnten außerdem die Doctoren
Romeo Sel igmann. Fr. Benesck
und 3. A. Frankl bei. Bildhauer
Hirsch häuter, von Letzterem einge»
laden, nahm vorerst die Todtenmaske
des übrigens völlig unkenntlich geworde-
nen Angesichts des Todten ab. Auch
wurde für Abnahme eines Schädelab»
guffes Sorge getragen. Die Section,
deren Protokoll im schon erwähnten
Werke von Vi-. Frankl : „Zu Lenau's
Biographie". S. l 37—142, vollständig
mitgetheilt ist. zeugte als besonders cha-
rakteristisches Moment einen bedeutenden
Schwund des Gehirnes, aus dessen
Hohlen über 9 Unzen seröser Flüssigkeit
abflössen. Die Lunge befand sich in sehr
zerstörtem Zustande, beträchtlich tuber-
culos. Das Her; war schlaff, übrigens
normal bis auf den vorderen Theil der
Aortaklappe; an derselben befand sich ein
Ausfluß vom Durchmesser eines Drittel-
zolls. DiephrenologischeAnschauung über
Lenau's Organe des Gehirns von dem
Phrenologen Noel ist auch bei Frankl .
S. 133, mitgetheilt. Bei Lebzeiten hatte
Lenau, wie es Schurz in Auer's
Zeitschrift „Faust" 1884, S. 118 u. f.,
erzählt, gewünscht, in Weidling am
Bach, einer in Wien's Nähe bei Kloster-
neuburg reizend gelegenen Ortschaft, auf
dessen stillem, im Thalgrunde liegenden
Friedhofe begraben zu werden. Diesem
Wunsche wurde willfahrt. Am 24. August
Nachmittag fand die feierliche Einsegnung
der Leiche in der Kirche von Oberdöbling
Statt, bei welcher die Minister Dr. Alex.
Bach und Ritter von Schmerl ing,
beide N.'s persönliche Freunde, zugegen
"waren. Eine abermalige Einsegnung und hierauf die Beerdigung erfolgte zu
Weidling um sechs Uhr Abends. Zum
Schlüsse sprachen am Grabe Laube und
Niembsch' Schwager Schurz, welch
letzterer seine kurze Ansprache mit den
Worten schloß: „Wir geben nur deinen
Staub dem Staube zurück. Mögen sie
auch, da du der letzte Zweig eines edlen
Stammes, hein Wappen stürzen und
brechen und rufen: Heute Niembsch
von Streh lenau und nimmermehr —
— ich rufe dagegen: Heute Nikolaus
Lenau und immerdar". Ein Grab-
gesang , von dem Chormeister Gustav
Bar th des Wiener Mannergesang-Vet>
eines componirt, schloß die Feier süber
das Denkmal siehe die Quellens. Die
Frage über die Ursachen des Wahnsinns,
der des Dichters Ende vorzeitig und so
grauenhaft herbeiführte, wurde damals
und wird noch heute von Allen., die des
Dichters herrliche Werke lesen und in sich
aufnehmen gestellt. Es scheint, daß N.
selbst bei Lebzeiten noch Antwort darauf
gegeben. Emma von Nienoorf (Frau
von Sukow in Stuttgart), die das
lesenswerthe inhaltreiche Buch: „Lenau
in Schwaben" herausgegeben, berichtet
an einer Stelle einen Ausspruch des
Dichters, den er während der Zeit seines
beginnenden Wahnsinns in einem lichten
Augenblicke zu Vertrauten gethan, und
dieser Ausspruch lautet: „Gott ist sehr
gut. daß er mich durch die Natur be-
strafen läßt und nicht durch das Gesetz,
denn ich habe gegen beides gefehlt, ich
habe das Talent noch über das Sitten«
gesetz gestellt und das ist doch das höchste.
Sagen sie das auch ihr — sie hat das
Sittengesetz auch nicht genug erhoben".
I n diesen unter allen Umstanden immer
sehr merkwürdigen Worten N.'s liegt ein
Glaube und ein Bekenntniß. Diese letzten
Worte beziehen sich aus jene Frau in
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Nabielak-Odelga, Band 20
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Nabielak-Odelga
- Band
- 20
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1869
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon