Seite - 436 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Nabielak-Odelga, Band 20
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Schon damals erwachte in dem Knaben
daS Talent jener Kunst, in der er später
so bedeutendes leistete. Wo er faß und
Weilte, schnitzte er mit dem Messer Figu»
ren nach den Vorbildern der ihn um«
gebenden Natur. Da nach des Vaters
Tode das kleine Erbe nach der dortigen
Landessitte dem älteren Bruder zufiel,
mußte Michael sein Fortkommen in
fremden Diensten suchen. In der Gegend
befand sich ein Bildhauer, der allerlei
hölzerne Zierrathen, aber auch Crucifixe
und Heilige für die Kirchenaltäre schnitzte.
Zu diesem kam Michael öfter und
wollte bei ihm in die Lehre treten, doch
fand er über dieses Vorhaben Wider»
spruch bei seinen Geschwistern, die darauf
drangen, daß er einen Dienst suche.
EtwaS älter geworden, kam er in das
Haus des PostHalters von Drauburg,
wo er gewöhnliche Knechtsdienste, zu-
weilen auch die eines Postillons ver»
richtete. I n den wenigen freien Stunden
übte er aber fleißig seine Lieblingsbe»
schäftigung. das Schnitzen, bis er majo«
renn geworden und, nun Herr seines
Willens, den Dienst im PostHaufe auf-
gab und zu dem erwähnten Bildhauer
in die Lehre trat. Das kleine Erbtheil
von 130 fl. verwendete er, um seinem
Meister während der zwei Jahre, die
er bei ihm blieb, Kost und Lehrgeld zu
bezahlen. Um jene Zeit, 1811, war
Kärnthen von den Franzosen besetzt. Als
von diesen eine starke Truppenaushebung
angeordnet wurde, ergriff Michael in
der Furcht, daß ihn das Los treffen
könnte, die Flucht und kam auf abge»
legenen Gebirgswegen über den Matrey.
Tauern nach Tirol. Daselbst wendete er
sich zunächst nach Kufstein, blieb aber
nicht lange dort, sondern fuhr zu Schiff
auf dem Inn weiter und kam dann von
Paffau auf der Donau nach Linz. Hier ohne weiteren Plan, und ohne Mittel,
lernte er einen bejahrten Maler kennen,
der ihm rieth, nach Wien zu gehen und
dort sein Talent auszubilden. Nach sechs
Wochen, während welcher Zeit Michael
in der. Werkstätte eines dortigen Bild«
Hauers arbeitete, verließ er Linz und kam
am 21. März 1812 in Wien an, nachdem
er in strengster Winterkälte den 26 Mei>
len weiten Weg zu Fuß zurückgelegt
hatte. — Nach Ebersberg wäre N.
bereits Anfangs 1810 nach Wien gekom«
men, jedoch möchte Pietznigg's spatere
Angabe, die allen Anschein aus Mit«
theilungen des Künstlers herrührt und
der hier gefolgt wird, die richtige sein. —
Alles, waS er nach Wien mitbrachte,
war ein Empfehlungsschreiben jenes alten
Malers, den N. in Linz kennen gelernt,
an den Ornamentenbildhauer Ho lg er,
und wahrlich, dadurch ward er auch vor
Gott weiß welcher Noth bewahrt, denn
Ho lg er nahm ihn sofort in seine Werk-
stätte auf und behielt ihn ein ganzes
Jahr in Arbeit. Durch Ho lg er wurde
N. an Zauner, damaligen Director
der Bildhauerkunst an der Akademie,
empfohlen und dadurch sein Eintritt in
dieselbe vermittelt. Hier bei einer von
den Regeln der Kunst ausgehenden Lehr»
methode, bei dem Reichthume an Lehr-
mitteln und das Künstlerauge fesselnden
Kunstwerken, da nun ging N.'s Seele erst
ganz auf und fühlte sich in ihrer eigenen
Welt. Auch an dem akademischen Nathe
und Director der Graveurschule, Joseph
'ieber j^Bd. X I I , S. 92^j, fand N.
einen theilnehmenden väterlichen Freund,
der ihm mit Rath und That zur Seite
stand, ihn mehrere Jahre hindurch in.
seinem Atelier beschäftigte und ihm da»
durch einerseits der Sorge für seinen
Unterhalt enthob und andererseits die
Mittel gab, für seine künstlerische Aus«
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Nabielak-Odelga, Band 20
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Nabielak-Odelga
- Band
- 20
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1869
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 514
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon