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Oppol^er 77 Vppol^er
werden darf". Nach kaum dreijähriger
Praxis erhielt O. bereits eine Berufung
als Professor der medicinischen Klinik
und erster Arzt des allgemeinen Kranken
Hauses zu Prag. Daselbst hatte O. die
Behandlung der Cholerakranken unter
sich gehabt und seine Erfahrungen und
Beobachtungen über diese Epidemie hat
er in einem an das böhmische Guber
nium erstatteten wissenschaftlichen Berichte
niedergelegt. Als Professor der medici»
nischen Klinik wuchs sein Ruf immer
mehr und mehr, der Zudrang zu seinen
Vorlesungen, zu denen Schüler auS allen
Gegenden Europa's herbeieilten, erin«
nerie an die Vorgänge an den berühmten
Schulen im Mittelalter, wo, um einen
gepriesenen Lehrer zu hören, uon weit
und breit aus den fernsten Ländern die
Unterrichtsuchenden und Wißbegierigen
sich herzudrängten. So trug O. mehrere
Jahre in Prag vor, als im Bewegungs»
jähre 1848 seine Berufung an die Leip»
ziger Hochschule als Professor der Klinik
erfolgte. Daselbst setzte nun O. als
Lehrer und Arzt, und zwar alö Director
des Iacobs-Hospitals, welches von jeher
nur von den ausgezeichnetsten Aerzten
von großem Rufe geleitet worden ist,
seine segensreiche Thätigkeit fort. Im
Jahre 1830 aber, als er den Ruf an
die Wiener Hochschule erhielt, folgte er,
um in seine großösterreichische Heimat
zurückzukehren, freudig demselben und
weilt seither als bewunderter Lehrer und
gesuchter Arzt bis zur Stunde in der
Residenz. Selbstverständlich kann sich ein
Univerfitätsprofessor nicht wie jeder
Privatarzt der Heilpraxis hingeben, und
sobald ein Arzt zu dociren beginnt,
findet seine Berufung zu Konsultationen
kaum mehr Statt; bei Oppolzer hin»
gegen war gerade das Gegentheil der
Fall, schon als er in Leipzig docirte, wurde er sehr häufig als Arzt in Anspruch
genommen. „Viele auswärtige Kranke,
schreibt sein Biograph, wendeten ihr
Angesicht nach Leipzig, um von dem aus
Prag gekommenen Sterne das Licht der
Hilfe und des TrosteS zu erlangen".
Später, als O. nach Wien übersiedelte,
steigerte sich sein Ruf als berathender
Arzt in so hohem Grade, daß er ihm
häusig nicht ohne persönliche Aufopfe«
rung genug thun konnte; sein Ruf als
Consiliararzt war geradezu ein europäi«
scher.geworden, bis in die entferntesten
Gegenden deS ContinentS, nach Ruß.
land, in alle Theile Deutschlands, in die
Schweiz wurde O. zu Consultationen be>
rufen und erst in den letzten Jahren nach
Nizza an das Sterbebett des russischen
Thronfolgers, nach dessen Tode der Kaiser
Alexander Dr. Oppolzer bat, noch
einen Tag in Nizza zu verweilen und
die arztliche Untersuchung der sämmtlichen
kaiserlichen Kinder vorzunehmen, deren
Ergebniß ein ganz befriedigendes war.
Wie als Arzt ebenso bedeutend, ist O.
als Lehrer. Er findet Freude im Lehren,
dehnt seine Lehrstunden täglich weit über
die gesetzlich bestimmte Zeit aus, sucht
und findet seine Erholung an den wo«
chentlichen, zur Ruhe bestimmten Ferial-
tagen in längeren Vorträgen am Kran-
kenbette und kommt oft nach anstrengen«
der Nachtfahrt von fernen Kranken müde
und erschöpft an seine Klinik zurück, um
dort in geistigen Contact mir seinen Ho»
rern seine volle Frische und Elasticität wie.
der zu finden. So versammelt O. seit zwei
Dccennien einen immer wachsenden Ho«
rerkreis um sich und es gewährt einen
erhebenden Anblick, zu sehen, mit welcher
begeisterten Anhänglichkeit die Schüler
sich um das Krankenbett drängen, an
welchem er lehrt, wie sie ihm gegenüber
willig die sonst so sorgsam gehüteten
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
O'Donnel-Perényi, Band 21
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- O'Donnel-Perényi
- Band
- 21
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1870
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 542
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon